Flüchtlinge:Kritik an neuen Unterkünften: Koordinator widerspricht

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Die Container am Columbiadamm auf dem Tempelhofer Feld sind Unterkünfte für Geflüchtete. (Foto: Lena Lachnit/dpa)

Der Senat hat 16 neue Container-Unterkünfte für Flüchtlinge angekündigt. In betroffenen Bezirken regt sich Widerstand. Berlins Flüchtlingskoordinator kann das nicht verstehen.

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Berlin (dpa/bb) - Aus Berliner Bezirken kommt Kritik am Beschluss des Senats, 16 neue Container-Unterkünfte für Geflüchtete mit bis zu 6130 Plätzen zu schaffen. „Die Bezirke, die bereits am meisten leisten, werden zusätzlich belastet“, erklärte Lichtenbergs Bürgermeister Martin Schaefer (CDU), in dessen Bezirk vier neue Container-Anlagen entstehen sollen.

„Wir wurden zwar informiert, dass diese Standorte in der Prüfung seien. Aber alle vier Standorte sind für Unterkünfte nicht geeignet“, so Schäfer. „Ohne Schulen, Kitas, Hebammen, Ärzte und soziale, integrative Angebote kann das Zusammenleben nicht gelingen. Das fördert nur die radikalen Kräfte und schadet dem sozialen Zusammenhalt.“

Laut Schäfer soll in der Klützer Straße sogar ein künftiger Schulstandort wegfallen. „Das kann ich niemandem mehr in meinem Bezirk erklären.“ Nötig seien eine faire Verteilung von Flüchtlingsunterkünften über die gesamte Stadt und ein deutlicher Ausbau der Kapazitäten auf dem Tempelhofer Feld.

Reinickendorfs Bezirksbürgermeisterin Emine Demirbüken-Wegner (CDU) kritisierte, sie habe von neuen Unterkünften in ihrem Bezirk aus der Presse erfahren. Sie sprach von einem „unabgestimmten, noch nicht einmal im Vorfeld mit den Bezirken kommunizierten Vorpreschen der Landesebene“.

Reinickendorf, auf dessen Gebiet die große Notunterkunft Tegel liegt, beherberge rund 13 000 geflüchtete Menschen. Damit liege der Bezirk an der Spitze in Berlin. Die soziale Infrastruktur sei dadurch überlastet. „Das Bezirksamt ist der Auffassung, dass die vorhandenen Standorte aus Gründen der Sozialinfrastruktur, des Mangels an Kitaplätzen, an Jugendeinrichtungen und der feststellbaren Überlastung des interkulturellen Bevölkerungsmix nicht weiter ausgebaut werden können.“

Berlins Flüchtlingskoordinator Albrecht Broemme wies die Kritik der Bezirke zurück. „Ich habe alle Bezirke abgeklappert und in guter Atmosphäre Gespräche geführt“, sagte er am Mittwoch der „Berliner Morgenpost“. „Wir haben erklärt, was wir vorhaben.“

Dabei sei auf die Kritik der Bezirke an bestimmten Standorten nach Möglichkeit reagiert worden. „Wir können die Aufgabe nur im weitgehenden Konsens mit den Bezirken erledigen“, sagte Broemme. Dabei bemühe er sich um einen Ausgleich der verschiedenen Interessen. Broemme zeigte sich enttäuscht darüber, dass der Widerstand gegen bestimmte Standorte so vehement ausfalle. „Dass offenbar ein Konsens besteht, bestimmte Gebäude leer stehen zu lassen, ist weder gesellschaftlich noch politisch zu rechtfertigen“, sagte er. 

Der schwarz-rote Senat hatte am Dienstag beschlossen, die Notunterkunft Tegel um 1000 Plätze auf bis zu 8000 Plätze auszubauen sowie in neun der zwölf Berliner Bezirke 16 neue Container-Unterkünfte zu schaffen. Die neuen Container-Anlagen sollen in den Jahren 2025 und 2026 errichtet werden und jeweils 150 bis 620 Plätze umfassen.

Broemme räumte ein, dass inzwischen eine gewisse Schieflage in der Stadt bei der Unterbringung von Flüchtlingen entstanden sei. Das liege daran, dass in bestimmten Stadtteilen mehr landeseigene Grundstücke zur Verfügung stünden als in anderen. Das belaste auch umliegende Einrichtungen wie Kitas und Schulen, weil viele Flüchtlingskinder integriert werden müssten.

© dpa-infocom, dpa:240327-99-480978/3

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