Türkische Grenztruppen haben nach einem Bericht der oppositionsnahen syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in der Nacht zum Sonntag mindestens elf Flüchtlinge aus Syrien erschossen. Darunter seien mindestens zwei Frauen und vier Kinder, erklärte die in Großbritannien ansässige Organisation in einem Bericht. Acht weitere Menschen seien teilweise schwer verletzt worden.
Dabei soll es sich größtenteils um die Mitglieder einer Familie handeln. Sie waren demnach vor Gefechten in der nordsyrischen Stadt Manbidsch in der Provinz Aleppo geflohen. Die Gruppe gelangte der Beobachtungsstelle zufolge über die nordwestliche Provinz Idlib an die Grenze zur Türkei. Dort hätten türkische Soldaten das Feuer eröffnet.
Flüchtlinge:Tote im Mittelmeer: Europa ist zum Hinschauen verpflichtet
Es gibt kein Allheilmittel, das das Flüchtlingsdrama stoppen könnte. Notwendig sind viele kleine Schritte - und dass jeder von uns seine Gleichgültigkeit überwindet.
Das von der Türkei unterstützte Beobachtungsstelle mit Sitz in Istanbul sprach von einer "fürchterlichen Tragödie". Die Tötung "schutzloser Syrer" widerspreche der "Gastfreundschaft der türkischen Regierung und des türkischen Volkes". Türkische Behörden waren für eine Stellungnahme zunächst nicht erreichbar.
Nach Angaben der Beobachtungsstelle erschossen türkische Grenzsoldaten seit Jahresbeginn mindestens 60 Zivilisten. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) warf den Grenzsoldaten im Mai vor, syrische Flüchtlinge mit tödlicher Waffengewalt an der Einreise in die Türkei zu hindern. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan bestreitet das. Die türkische Armee beharrt darauf, lediglich auf bewaffnete Schmuggler, nicht auf Zivilisten zu schießen.
Etwa 2,7 Millionen syrische Flüchtlinge in der Türkei
Die Türkei unterstützt syrische Kämpfer, die Syriens Präsidenten Baschar al-Assad stürzen wollen. Allerdings sind die Grenzen für Flüchtlinge mittlerweile geschlossen. Etwa 2,7 Millionen registrierte syrische Schutzsuchende halten sich bereits in der Türkei auf. Etwa 280 000 leben in Camps.
Nach UN-Schätzungen wurden in Syrien seit Beginn des Gewaltkonflikts im März 2011 mehr als 280 000 Menschen getötet. Millionen Syrer sind wegen der Gewalt auf der Flucht.