FDP und Schwarz-Gelb:"Nicht um jeden Preis"

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Die Koalitionsgespräche stocken. Die FDP wirft der CDU vor, keinen Neuanfang zu wollen. Für die Liberalen steht viel auf dem Spiel. Ihr Chef spricht sogar vom Krieg.

P. Blechschmidt, S. Braun und C. Hulverscheidt

In der FDP wächst der Unmut über das Verhalten der Union in den Koalitionsgesprächen. Die Liberalen werfen CDU und CSU mangelnde Kompromissbereitschaft vor. Die Union zeigt sich dagegen zufrieden mit dem Verlauf der Verhandlungen, mancher spricht aber wegen des liberalen Unbehagens von einem "neuralgischen Punkt" in den Gesprächen.

Der FDP-Finanzexperte Volker Wissing sagte der Süddeutschen Zeitung, die CDU sträube sich gegen einen echten "Neuanfang" und plädiere stattdessen für ein "pragmatisches 'Weiter so'". Dafür aber stehe seine Partei nicht zur Verfügung. "Wir verlangen etwa im Bereich der Steuern unverändert eine grundlegende Strukturreform und darüber hinaus spürbare Entlastungen von Unternehmen und Bürgern bereits zum 1. Januar 2010", betonte er.

Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Bundestag, Otto Fricke, der wie Wissing zu den Finanzunterhändlern der Liberalen zählt, sagte: "Manche Unionskollegen haben sich gedanklich noch nicht von der so bequemen Koalition mit der SPD gelöst." Die FDP müsse einen Koalitionsvertrag nicht um jeden Preis unterzeichnen, sagen Wissing und Fricke.

In der FDP-Bundestagsfraktion gibt es wegen der Haltung der Union auch Forderungen nach einem entschiedeneren Auftreten der Führungsspitze. Der Vorsitzende Guido Westerwelle hatte schon am vorigen Donnerstag in der großen Runde betont, es wäre der "Casus Belli", also ein "Kriegsgrund" wenn es keinen Einstieg in die von der FDP geforderte Steuerstrukturreform gäbe.

Das Präsidium der FDP und die Verhandlungsführer in den Arbeitsgruppen bekräftigten deshalb in einer langen Sitzung am Montagabend, dass alle Vorschläge der FDP weiter auf dem Tisch lägen. Steuerreform, bessere Bildung, mehr freiheitliche Bürgerrechte und Korrekturen am Gesundheitsfonds blieben unverrückbar die Forderungen der Liberalen.

"Neuralgischer Punkt" Auf Seiten von CDU und CSU gibt man sich sehr zufrieden mit dem Verlauf der Verhandlungen. Aus der Unionsspitze war zu hören, dass man froh sei, die FDP von den stärksten Forderungen insbesondere nach Steuersenkungen abgebracht zu haben. Dieses Gefühl habe, so berichten es Teilnehmer, auch bei einem Treffen der Unionsführung mit den Vorsitzenden der zehn Arbeitsgruppen am Montagabend im Kanzleramt vorgeherrscht.

Allerdings werde auf Unionsseite gesehen, wie gefährlich es sei, dass sich in der Öffentlichkeit der Eindruck breitmache, die FDP gehe leer aus. "Wir sind an einem neuralgischen Punkt der Gespräche", sagte ein Mitglied der Unionsführung. Dabei gebe es durchaus Verständnis für den Unmut in den Reihen der Liberalen. "Sie müssen an vielen Stellen den weitesten Weg gehen, das ist für die FDP nicht einfach."

Um die versprochenen Steuersenkungen zumindest teilweise umsetzen zu können, ist die FDP nach SZ-Informationen auch zu Einsparungen an anderer Stelle bereit. So könnten die Ausgaben der Bundesagentur für Arbeit ihrer Meinung nach um drei Milliarden Euro gekürzt werden. Durch eine bessere Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs, die Bündelung des öffentlichen Einkaufs und den Wegfall des Mehrwertsteuerprivilegs der Post könnten weitere acht bis zehn Milliarden Euro gewonnen werden.

Auch die Union arbeitet an Streichlisten, hält sie aus Furcht vor dem Zorn der Bürger aber unter Verschluss.

© SZ vom 14.10.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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