Wiesbaden:Zustimmung für Verbot von „Combat 18“, aber offene Fragen

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Der Abgeordnete Günther Rudolph (SPD) betritt am 15.12.2015 den Plenarsaal des Hessischen Landtages in Wiesbaden (Hessen). Foto\ Alexander Heinl/dpa. (Foto: picture alliance / dpa/Archivbild)

Das Verbot der auch in Hessen beobachteten Neonazi-Gruppe "Combat 18" ist in der Landespolitik auf breite Zustimmung gestoßen. Für Vertreter der Opposition im...

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Wiesbaden (dpa/lhe) - Das Verbot der auch in Hessen beobachteten Neonazi-Gruppe „Combat 18“ ist in der Landespolitik auf breite Zustimmung gestoßen. Für Vertreter der Opposition im Landtag war dieser Schritt allerdings lange überfällig. „Es ist kaum zu verstehen, warum C18 nicht schon im Jahr 2000 zusammen mit Blood and Honour verboten wurde“, sagte die Fraktionsvorsitzende der Linken, Janine Wissler, in Wiesbaden. Mehrere Länder hätten C18 als Terrororganisation eingestuft, auch in Deutschland und Hessen hätten Anhänger und Mitglieder immer wieder schwerste Straftaten begangen.

„Insbesondere in Kassel und Nordhessen war C18 sehr lange und intensiv aktiv und wurde durch die Linke im NSU-Ausschuss als mögliches Unterstützerumfeld des NSU beim Mord in Dortmund und Kassel eingeschätzt“, sagte Wissler weiter.

Das Bundesinnenministerium hatte die rechtsextreme Gruppierung „Combat 18“ am Donnerstag verboten. Polizisten durchsuchten Wohnungen mutmaßlicher Mitglieder in sechs Bundesländern, darunter ein Objekt in Osthessen. Sie stellten nach Behördenangaben unter anderem verschiedene Schlagwaffen sicher, sowie Datenträger und NS-Devotionalien. Der mutmaßliche Rädelsführer Stanley R., der als wichtige Figur der Szene gilt, wurde von der Polizei in Thüringen an seinem Arbeitsplatz angetroffen und zu seiner Wohnung gebracht.

Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden richtet sich die gewaltbereite Vereinigung gegen die verfassungsmäßige Ordnung, „da sie mit dem Nationalsozialismus wesensverwandt ist“. Sie gilt als bewaffneter Arm des in Deutschland verbotenen Neonazi-Netzwerks „Blood and Honour“ (Blut und Ehre). Die Zahl „18“ ist ein Szenecode für den ersten und den achten Buchstaben im Alphabet, also A und H - die Initialen von Adolf Hitler.

Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) begrüßte das Verbot: Damit sende der Staat ein „klares Signal“ an die rechtsextremistische Szene in der Bundesrepublik: „Wir sind wehrhaft und nutzen alle Mittel des Rechtsstaats, um extremistische Strukturen zu zerschlagen.“

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Landtag, Günter Rudolph, sagte, mit dem Verbot sei eine Forderung der Sozialdemokraten erfüllt worden. Von den sichergestellten Datenträgern und Unterlagen erhoffe man sich weitere Informationen über die rechtsextreme Szene in Nordhessen. „Selbstverständlich steht hier für uns auch die Rolle des mutmaßlichen Mörders von Dr. Walter Lübcke, Stephan E., im Vordergrund“, erklärte Rudolph.

Stanley R. sei mit Stephan E. gemeinsam aktiv gewesen, sagte der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Hermann Schaus. Auf einem Foto aus dem Jahr 2002 seien beide gemeinsam zu sehen. Stanley R. sei außerdem „als militante Führungsfigur der Neonazi-Szene nicht nur in Kassel, sondern weit darüber hinaus vernetzt“ gewesen, erklärte er.

„Es war höchste Zeit, „Combat 18“ zu verbieten., hieß es in einer Mitteilung des innenpolitischen Sprechers der FDP-Fraktion, Stefan Müller. Das Problem sei damit aber nicht gelöst. „Wir fordern die Sicherheitsbehörden auf zu überprüfen, ob es eine Verbindung des mutmaßlichen Mörders Stephan E. zur Gruppe „Combat 18“ gegeben hat.

AfD-Landessprecher Robert Lambrou erklärte, seine Partei begrüße den Schritt, das „Netzwerk nun endlich zu verbieten“. Eine Gruppierung, die sich „Kampfgruppe Adolf Hitler“ nenne, offenbare schon durch ihren Namen ihre Gesinnung.

„Combat 18“ war in der Vergangenheit auch in Hessen aktiv. So lebte Stanley R. jahrelang im Raum Kassel. Auch an Schießübungen von Gruppenmitgliedern 2017 in Tschechien nahm er zusammen mit einem weiteren Rechtsextremen aus Nordhessen teil. Bekannt wurde dies durch eine Grenzkontrolle an der tschechisch-bayerischen Grenze, bei der bei einer Gruppe von zwölf Deutschen Munition gefunden wurde.

Es hätten sich „Hinweise auf Verstöße gegen das Waffengesetz sowie auf einen Bezug zur Gruppierung „Combat 18“ ergeben, schrieb damals der Verfassungsschutz. R. wurde damals zu einer Geldstrafe verurteilt. Auch wegen gefährlicher Körperverletzung und Drogen kamen Mitglieder mit dem Gesetz in Konflikt. Das geht aus einer Antwort des hessischen Innenministeriums auf eine FDP-Anfrage 2018 hervor.

Der Wegzug von Stanley R. aus Hessen nach Thüringen bedeutete laut Experteneinschätzung kein Ende für hiesige Anhänger der Gruppe: „Es gibt in Nordhessen noch weitere Mitglieder von „Combat 18“, sagte Malte Lantzsch vom Mobilen Beratungsteam gegen Rechtsextremismus und Rassismus in Hessen. Dass es am Donnerstag dort offenbar keine Durchsuchungen gegeben habe, sei daher erstaunlich.

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