Extremismus:Menschen aus anderen Ländern fühlen sich nicht mehr sicher

Lesezeit: 2 min

Bürger demonstrieren gegen Rechtsextremismus. (Foto: Roberto Pfeil/dpa)

Debatten radikaler Rechter über massenhafte Abschiebungen haben eine deutschlandweite Protestwelle ausgelöst. In Brandenburg wächst eine Initiative, die sich gegen Rechtsextremismus positioniert - und Ängste von Menschen mit ausländischen Wurzeln ernst nimmt.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Potsdam (dpa/bb) - Nach den Enthüllungen über ein Treffen radikaler Rechter und dem Umfragehoch für die AfD sieht der Vorstand des Paritätischen Wohlfahrtsverbands in Brandenburg eine wachsende Verunsicherung bei Menschen mit ausländischen Wurzeln. Menschen aus anderen Kulturkreisen, die auch schon lange in Deutschland seien, überlegten, ob hier noch ihre Heimat sei, sagte der Verbandsvorsitzende Andreas Kaczynski der Deutschen Presse-Agentur in Potsdam. „Ich habe etliche Freunde aus anderen europäischen Ländern, aber auch aus Afrika zum Beispiel, die sagen, diese gesellschaftliche Stimmung, die belastet mich, ich fühle mich nicht mehr sicher.“

Deutschlandweit waren am Wochenende Hunderttausende auf die Straßen gegangen, um gegen rechts zu demonstrieren. In Brandenburg rief ein breites Bündnis von Organisationen dazu auf, Haltung gegen Rechtsextremismus zu zeigen.

Dieses Bündnis wolle verunsicherten Menschen wieder Mut machen, ein Stück Sicherheit geben und zeigen, sie seien nicht allein, sagte Kaczynski. „Es muss sichtbar werden, dass wir als Gesellschaft hier eine Verantwortung haben.“

Der Initiative schlossen sich Privatpersonen und Organisationen aus Brandenburg an, die aus der Wirtschaft, der Wissenschaft, dem Sport, den Kirchen und der Kultur kommen. Auch die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege gehören dazu. Aber auch Günther Jauch oder der Handballtrainer Bob Hanning unterzeichneten den Aufruf „Brandenburg zeigt Haltung“. Er ist im Internet einzusehen.

Kaczynski hält es für wichtig, auch den eigenen Beschäftigten rote Linien aufzuzeigen, um sich gegen rechtes Gedankengut zu positionieren. „Natürlich finden sich diese Menschen auch bei uns“, sagte er. Der Beitritt zu dem Bündnis „Brandenburg zeigt Haltung“ sei „eine Selbstverpflichtung in unseren Pflegeeinrichtungen, in den Kitas, in den Einrichtungen der Eingliederungshilfe“. „Dort müssen wir Räume schaffen, wo wir ins Gespräch kommen, wo wir nicht wegschauen, wo wir nicht in der Mittagspause einfach weghören (...)“.

In der freien Wohlfahrtspflege - dazu gehören neben dem Paritätischen unter anderem Verbände wie das Deutsche Rote Kreuz und die Diakonie - sind in Brandenburg insgesamt rund 70.000 Menschen beschäftigt.

Ein Auslöser der Protestwelle gegen Rechtsextremismus in Deutschland waren Enthüllungen des Recherchezentrums Correctiv über ein Treffen radikaler Rechter am 25. November in Potsdam. Der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, hatte bei dem Treffen nach eigenen Angaben über „Remigration“ gesprochen. Wenn Rechtsextremisten den Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang.

© dpa-infocom, dpa:240125-99-742749/3

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: