EU:Analyse: Sind Europas Banken jetzt sicherer?

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Frankfurt/Main (dpa) - Für Europas Banken ist der größte Stress vorerst vorbei. Ausruhen sollten sich die Banker aber nicht, mahnen die Aufseher.

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Frankfurt/Main (dpa) - Für Europas Banken ist der größte Stress vorerst vorbei. Ausruhen sollten sich die Banker aber nicht, mahnen die Aufseher.

13 Institute müssen sich insgesamt knapp zehn Milliarden Euro frischen Geld besorgen - und auch für diejenigen, die die Tests von Europäischer Zentralbank (EZB) und EU-Bankenaufsicht EBA bestanden haben, ist das Aufräumen keineswegs beendet.

Manche Bank hat wohlweislich bereits vorgesorgt - auch wenn die wenigsten offen zugaben, dass der Druck der Aufseher sie zur Stärkung der Kapitalpuffer drängte. Seit der Ankündigung der Tests im Juli 2013 rüsteten sich Europas Banken mit rund 200 Milliarden Euro zusätzlich für künftige Krisen.

„Der Stresstest hat seinen Zweck erfüllt“, bilanziert DZ-Bank-Chefvolkswirt Stefan Bielmeier. „Die europäischen Banken sind jetzt sicherlich besser kapitalisiert als zu Beginn der Übung.“ Zukunftsfest sei das Bankensystem damit aber sicherlich nicht.

Nie zuvor mussten sich Europas Banken so tief in ihre Bücher blicken lassen - ein Balanceakt für die neue Euro-Bankenaufsicht EZB: Die Aufseher wollten kompromisslos testen. Schließlich wollen sich die neuen Oberkontrolleure nicht wie mancher ihrer nationalen Kollegen vorwerfen lassen, bei einigen Instituten nicht genau hinzuschauen.

Gleichwohl sollten mit den Tests keine neuen Turbulenzen an den Märkten entstehen. Denn: Wenn damit beispielsweise das Bankensystem eines Landes für disfunktional erklärt würde, dann wäre ein „ganz, ganz großes Problem“ zu bewältigen, sagte Bankenexperte Hans-Peter Burghof am Wochenende im Deutschlandfunk-Interview. Dafür gebe es aber noch gar nicht die Instrumente.

Unter dem Strich hätten die Tests dem Kapitalmarkt „glaubwürdige Ergebnisse“ geliefert, meint EZB-Vizepräsident Vítor Constâncio. Bafin-Präsidentin Elke König spricht von einem sehr ernsthaften Stresstest: „Bei mir würde er die Note gut bekommen. Sehr gut vergebe ich nicht.“ Ähnlich äußerten sich auch viele Analysten und Volkswirte in ersten Reaktionen.

Ziel also erreicht? Ist Europas Bankensystem nun sicherer? Kann die EZB zum Start der neuen Bankenaufsicht am 4. November die Institute tatsächlich „besenrein übernehmen“, wie der Cheflobbyist der Privatbanken in Deutschland, Michael Kemmer, es formuliert?

Die deutschen Aufseher sind vorsichtig. Sie warnen die 24 deutschen Bankengruppen im Test davor, sich auf ihrem insgesamt erfolgreichen Abschneiden ausruhen. Im Vergleich zur internationalen Konkurrenz verdienten hiesige Institute angesichts der niedrigen Zinsen und des hohen Wettbewerbs vergleichsweise schlecht, erklärt Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret. Die Institute müssten daher über Fusionen nachdenken, um schlagkräftiger zu werden. Auch die Kosten für das engmaschige deutsche Filialnetz gehörten auf den Prüfstand.

Das Aufdecken von Kapitallöchern werde helfen, „ein robusteres Bankensystem in der Eurozone aufzubauen“, schrieben Analysten der Ratingagentur Fitch kürzlich in einer Studie: „Aber es bleiben Herausforderungen.“ Aufräumarbeiten in den Bankbilanzen blieben ein Dauerthema der nächsten Jahre.

Nach wie vor kommen die Banken mit den größten Risiken aus den Schuldenstaaten - vor allem aus Italien und Griechenland. Dagegen sind die von der Immobilienkrise gebeutelten spanischen Banken inzwischen besser gerüstet. Auch die lange als Wackelkandidaten gehandelten deutschen Vertreter HSH Nordbank und Commerzbank nutzen die vergangenen Jahre, „um einiges zu verbessern“, wie EZB-Direktorin Sabine Lautenschläger feststellt.

Und dennoch: „Man kann nie Schieflagen von Banken ausschließen. Die Frage ist nur: Wie gut ist man dann vorbereitet und wie systemisch ist die Krise dann?“, sagt Bundesbank-Vorstand Dombret. „Kapital alleine ist kein Allheilmittel“, sekundiert Bafin-Chefin König: „Wirklich schlauer macht uns nur das wahre Leben.“

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