Mit Urteilen des Bundesverfassungsgerichts ist es ja so eine Sache. Oft erschließen sich ihre Folgen nicht jedem sofort. An diesem Mittwoch wird es anders sein. Die Karlsruher Richter entscheiden, ob die Drei-Prozent-Hürde bei Europawahlen gegen das Grundgesetz verstößt. Sollte das Gericht die Hürde kippen, hätte das erhebliche Konsequenzen für die Mandatsverteilung.
Dies zeigt schon ein Blick auf die bisher letzte Europawahl. Hätte es 2009 keine Hürde gegeben, säßen jetzt 13 deutsche Parteien im Straßburger Parlament. Selbst die Tierschutz- und die Rentnerpartei dürften Abgeordnete stellen. Auch die als bayerische "Latex-Landrätin" bekannt gewordene Gabriele Pauli hätte ein Mandat in Straßburg.
Von fünf auf drei Prozent
Die Ergebnisse der kleinen Parteien bei der vergangenen Europawahl im Jahr 2009
Es geht also mal wieder um die Frage, wie stark die Demokratie eingeschränkt werden darf, um sie funktionsfähig zu machen. 2011 hatte das Verfassungsgericht die bis dahin geltende Fünf-Prozent-Hürde für nichtig erklärt. Die Tür für die Kleinstparteien stand also weit offen. Doch dann führte der Bundestag 2013 eine Drei-Prozent-Hürde ein. Die kleinen Parteien klagten erneut, deswegen trifft man sich jetzt schon wieder in Karlsruhe.
Es bestehe weitgehende Einigkeit darüber, dass jede Sperrklausel ein Eingriff in die Chancengleichheit der Parteien sei, sagte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle bei der Verhandlung über die Klage im vergangenen Dezember. Trotzdem könne dieser Eingriff aufgrund "bestimmter Verhältnisse" gerechtfertigt sein.
Jetzt muss Karlsruhe entscheiden, ob diese Verhältnisse gegeben sind. Wie der Spruch ausfallen wird, ist unklar, der zuständige Zweite Senat soll sich nicht einig sein. Die Entscheidung gegen die höhere Fünf-Prozent-Hürde war 2011 nur mit einer knappen 5:3-Mehrheit gefallen.