Die Nebeneinkünfte des Peer Steinbrück:Kanzlerkandidat ohne Maß und Instinkt

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Schon sein Gespür für Anstand hätte Peer Steinbrück davon abhalten müssen, 25.000 Euro von den Bochumer Stadtwerken anzunehmen. Nun hat seine Glaubwürdigkeit Schaden genommen - und auch die der SPD. Schließlich wird sich der Wahlkampf 2013 um das Thema Gerechtigkeit drehen.

Susanne Höll, Berlin

Wie die Bochumer Stadtwerke jemals auf die Idee kommen konnten, Prominenten aus der Politik wie Peer Steinbrück und Joachim Gauck, Sportlern und TV-Stars jeweils 25.000 Euro für einen Auftritt zu zahlen, muss in der Stadt geklärt werden.

Aufgabe des Unternehmens ist es eigentlich, Energie möglichst preiswert an Kunden zu verkaufen und möglichst hohe Gewinne an die bekanntlich schuldengeplagte Kommune zu überweisen -, und nicht, teure Plauderrunden zu organisieren. Allein der Menschenverstand spricht dafür, dass die Stadtwerke auf solchen Firlefanz verzichten sollten.

In Berlin, genauer gesagt, im Willy-Brandt-Haus, müssen die SPD und ihr designierter Kanzlerkandidat ein ganz anderes Problem lösen. Denn die Glaubwürdigkeit von Peer Steinbrück und der Partei haben durch dieses Honorar Schaden genommen.

Dass sich der Ex-Finanzminister von Banken, Versicherungen und auch Kücheneinrichtern großzügige Honorare zahlen ließ, konnte er selbst der Öffentlichkeit einigermaßen plausibel erklären. Ebenso die Tatsache, dass natürlich auch in der deutschen Sozialdemokratie Platz für Millionäre ist.

Steinbrück hat mit seinen Nebentätigkeiten erkennbar nicht gegen Recht und Gesetz verstoßen. Aber dass er ausgerechnet von einem kommunalen Energieversorger eine Vergütung annahm, die weit über den Zahlungen von Geldinstituten lag, weckt Zweifel an seinem politischen Fingerspitzengefühl. Als ehemaliger Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens dürfte Steinbrück die Finanzlage Bochums bekannt sein - schon sein Gespür für Anstand hätte ihm sagen müssen, dass man als Politiker eine solche Summe nicht akzeptiert.

Die SPD prangert im Einsatz für Gemeinwohl und soziale Gerechtigkeit immer wieder die Gier von Banken und Finanzinstituten an - zu Recht. Sie sollten doch, bitte schön, maßhalten, wenn es um Boni oder Gewinne geht. Die Stadtwerke, aber auch Steinbrück haben beim Honorar von 25.000 Euro das rechte Maß vermissen lassen.

Der Bundestagswahlkampf 2013 wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach um Gerechtigkeitsfragen drehen, mithin um das rechte Maß: Wie kann die Schere zwischen Arm und Reich geschlossen werden? Welche Summen muss ein Vollzeit-Beschäftigter mindestens verdienen? Wie viel mehr steht einem Manager zu?

Steinbrück und die SPD wollen die Finanzmärkte zähmen und die Spitzensteuern erhöhen. Das mag dem Kandidaten vielleicht neue Glaubwürdigkeit bei jenen klassischen SPD-Wählern bescheren, die 25.000 Euro im Jahr verdienen und sich über Steinbrücks Honorare wundern. Die Erinnerung an diesen eigentümlichen Nebenverdienst aber wird bleiben.

Die SPD-Basis und die Funktionäre sind bislang sehr diszipliniert, öffentliche Kritik am Gebaren Steinbrücks gibt es kaum. Die Partei scheint bei allen Zweifeln fest entschlossen, den Kandidaten zu schützen. Für Steinbrück ist dies die einzige gute Nachricht im Bochum-Debakel.

© SZ vom 07.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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