Die Grünen nach der Wahl:Drehen am fünften Rad

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Die Grünen müssen sich eingestehen: Mit ihrem historisch besten Ergebnis haben sie eine Niederlage erlitten. Sie tragen sie mit heiterer Fassung - und freuen sich auf die Machtlosigkeit.

Daniel Brössler

Die wohl merkwürdigste Party steigt an diesem Abend im einstigen Berliner Postbahnhof. Einige hundert Grüne haben sich hier versammelt. Sie klatschen viel, jubeln brav und freuen sich über jede neue Hochrechnung.

Claudia Roth und Cem Özdemir lassen sich feiern. (Foto: Foto: dpa)

Das ist einerseits verständlich und andererseits auch wieder nicht. 10,5 Prozent, das ist das beste Bundestagsergebnis der Parteigeschichte. Andererseits hatten sich die Grünen drei Ziele für diesen Tag gesteckt: Schwarz-Gelb zu verhindern, große Koalition zu beenden und dritte Kraft zu werden.

Schwarz-Gelb aber wird regieren, die Grünen sind nur Fünfte geworden - und dass die große Koalition beendet wird, ist auch nicht wirklich ihr Verdienst. Mit ihrem historisch besten Ergebnis, das müssen die Grünen eingestehen, haben sie eine Niederlage erlitten. Sie tragen sie mit heiterer Fassung.

Eine halbe Stunde nach der ersten Prognose bahnt sich das Trio aus Geschäftsführerin Steffi Lemke und den Spitzenkandidaten Renate Künast und Jürgen Trittin den Weg durch die Menge. "Wir haben gekämpft und gewonnen", brüllt Lemke in einer Lautstärke, die jeden Zweifel übertönen soll. Renate Künast und Jürgen Trittin beglückwünschen schließlich auf der Bühne ihre Partei, ihre Wähler und dann auch einander. Das tun sie so fröhlich und fast albern, dass Erleichterung sichtbar wird. Mit einem besseren Ergebnis haben sie nicht gerechnet, eher mit einem schwächeren.

"Wir haben gezeigt, dass selbst in Zeiten der Wirtschaftskrise, in der die Leute zuerst an ihren Arbeitsplatz denken, die Grünen was zu bieten haben", ruft Künast. "Wir sind zweistellig in den Bundestag gewählt worden. Diesen Auftrag nehmen wir an", verspricht sie. Und weil es ein Oppositionsauftrag ist, fügt Jürgen Trittin auch noch hinzu, gegen wen: "Gegen die Schwarz-Gelben, gegen die Radioaktiven." Es dauert ein bisschen, bis auf der grünen Bühne eine Niederlage eingeräumt wird. Parteichefin Claudia Roth sagt, es sei "bitter", dass Schwarz-Gelb nicht verhindert worden sei. Das grüne Ergebnis aber lässt sie sich nicht vermiesen. Das, sagt sie grimmig, sei ein "richtig guter Erfolg".

© SZ vom 28.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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