Vor ein paar Jahren noch machten sich die PR-Manager der Diamantenbranche ernsthafte Sorgen, die Blutdiamanten aus Krisenregionen hatten den Ruf der Branche ruiniert, jüngere Leute fanden auch die künstlich hergestellten Steine attraktiv, die Umsätze gingen zurück, Corona machte die Sache nicht besser. Mittlerweile steigt die Nachfrage aber wieder gewaltig, der britisch-südafrikanische Großkonzern De Beers soll die Preise in diesem Jahr um bis zu zehn Prozent erhöht haben. Sie werden wohl bald weiter anziehen, weil Russland, der nach Volumen größte Produzent von Rohdiamanten der Welt, in viele Märkte nicht mehr exportieren darf, die USA setzten die Steine aus Sibirien vor wenigen Tagen auf die Sanktionsliste.
Was für Putin schlecht ist, könnte für das kleine Botswana im südlichen Afrika eine große Chance sein, den mengenmäßig nach Russland zweitgrößten Produzenten der Welt. Im Jahr 2021 verkaufte die halbstaatliche Debswana-Mine bereits Diamanten im Wert von 3,5 Milliarden Dollar. In Zukunft soll es noch einmal mehr werden.
Während Bodenschätze für andere rohstoffreiche Länder in Afrika eher ein Fluch waren, sind die Diamanten in Botswana durch die seit Jahren kluge Politik ein Segen für das Land. Vor einem halben Jahrhundert gehörte es noch zu den 25 ärmsten der Welt, jetzt zur oberen Mittelschicht. In der Demokratischen Republik Kongo kommen die gefragten Rohstoffe wie Kobalt zum Batteriebau nur einer kleinen Elite zugute, das ölreiche Nigeria versinkt in Korruption.
"Wir haben alles, was wir von den Diamanten bekommen haben, für Schulen, Straßen, Medizin und die Entwicklung unseres Humankapitals verwendet", sagte Botswanas Präsident Mokgweetsi Masisi kürzlich. Perfekt ist das Land auch nicht, hat aber vieles richtig gemacht. Zusammen mit dem britisch-südafrikanischen Riesen De Beers gründete man ein Gemeinschaftsunternehmen, das die Steine fördert. Botswana versucht seit Jahren, auch mehr an der Verarbeitung der Steine zu verdienen, am Schleifen und Polieren, das oft in Indien oder China gemacht wird. Der Vertrag mit De Beers läuft bald aus und soll nun neu verhandelt werden, mit einer höheren Quote für einheimische Schleifer. Zudem bewirbt sich Botswana um das ständige Sekretariat des Kimberley-Prozesses, einer Organisation, benannt nach der südafrikanischen Minenstadt, die gewährleisten soll, dass keine Diamanten aus Konfliktregionen auf den Markt kommen, was zumindest besser gelingt als noch vor Jahren.
Nun aber steht die Branche vor der Situation, dass der russische Alrosa-Konzern, der zu einen Drittel dem Staat gehört, einen Teil seiner Gewinne auch in den U-Boot-Bau der Marine investieren soll, wie belgische Medien berichten. Ukraines Präsident Wolodimir Selenskij hat deshalb die EU aufgefordert, russische Diamanten ebenfalls auf die Sanktionsliste zu nehmen, was bisher an der starken Diamantenlobby in Antwerpen scheiterte, dem größten Handelsplatz der Welt.
Die Steine aus Botswana gelten hingegen als ethisch einwandfrei und sollen dem Land noch etwa ein Vierteljahrhundert Reichtum bringen. Dann sind die Minen leer, und es braucht eine neue Idee.