Als Jay Carney, der Sprecher des Weißen Hauses, vor die Washingtoner Presse tritt, ist er um seinen Auftritt nicht zu beneiden. Es geht um entscheidende Details der Kommandoaktion gegen Al-Qaida-Führer Osama bin Laden. Carney muss Schadensbegrenzung betreiben - und wirkt wohl deshalb fahrig, und verhaspelt sich.
Obamas Anti-Terror-Berater John Brennan (li.) steht neben Regierungssprecher Jay Carney.
(Foto: Bloomberg)Es geht um die Frage: Wie starb Amerikas Staatsfeind Nummer eins wirklich? Denn es war zumindest nicht so, wie es aus dem Weißen Haus am Tag zuvor berichtet wurde.
Carney versucht bei seiner Pressekonferenz eine Scharte auszuwetzen, für die ein anderer Kopf der US-Administration verantwortlich ist: John Brennan. Der war als Anti-Terror-Berater des Präsidenten im situation room dabei, als Barack Obama die geheime Aktion im fernen Pakistan verfolgt hat.
Brennan war es auch, der nach der abendlichen Rede des Präsidenten offen über Details der Tötung Bin Ladens plauderte. Es klang nach Kampf bis zum Ende, weit entfernt von allem, was in irgendeiner Form den Ruch einer Hinrichtung haben könnte - für die Bewertung der Völkerrechtler ist es von entscheidender Bedeutung, ob von vornherein eine Tötungsabsicht bestand.
US-Medien wie die Washington Post kolportieren folgende Sätze Brennans, die später von der Presse in aller Welt übernommen wurden: "He was engaged in a firefight with those that entered" sowie "(Bin Laden had been) hiding behind women who were put in front of him as a shield."
Zu Deutsch: Bin Laden habe sich hinter Frauen als menschlichen Schutzschilden versteckt, er sei bei einem Schusswechsel getötet worden.
Falsch, muss Regierungssprecher Carney nun eingestehen. Bin Laden sei "nicht bewaffnet" gewesen, kann also auch nicht auf die US-Soldaten geschossen haben. Und auch die Version von dem menschlichen Schutzschild ist laut Obamas Sprecher nicht zutreffend.
Brennans Schilderung vom Vortag entpuppen sich als peinliche Kommunikationspanne, die den ohnehin kursierenden Verschwörungstheorien neue Nahrung geben könnte.
Der Coup ist in Gefahr
Dabei konnte Präsident Barack Obama anfangs hochzufrieden sein. Der Schlag gegen den Staatsfeind Nummer eins war bislang weitgehend positiv aufgenommen worden: Regierungen aus aller Welt drückten den Amerikanern Anerkennung aus, Blitzumfragen ergaben, dass die meisten US-Bürger die waghalsige Unternehmung goutieren, Obamas Zustimmungswerte gehen nach oben.
Die Aktion galt bislang als Coup - nun drohen die unrichtigen Aussagen, diese öffentliche Wirkung der Mission zu vermasseln.
Um es nicht dazu kommen zu lassen, gibt Carney weitere Details zum Ablauf preis. Demnach kamen die gut zwei Dutzend Navy Seals mit zwei Hubschraubern. Ein Team nahm sich ein kleineres Haus auf dem Gelände vor, die zweite Gruppe stürmte das größere Gebäude. Dort kam es in der ersten Etage zu einem Feuergefecht. Dabei starben Carney zufolge zwei Männer - bei einem davon handelte es sich um den Kurier, der die Amerikaner unfreiwillig zu dem Versteck geführt hatte. Außerdem wurde eine Frau tödlich verletzt, ob durch die Amerikaner oder die Al-Qaida-Kämpfer bleibt offen. "In Crossfire", sagt der Pressesprecher, sie starb beim Schusswechsel.