Corona in Kroatien:Feiern unter dem Richtwert

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Bad in der Adria: Touristen an der Küste vor dem kroatischen Ort Crikvenica (Foto: AFP)

Warum trotz infizierter Touristen die deutsche Bundesregierung in Kroatien derzeit kein Corona-Risikogebiet sieht.

Von Claudia Henzler und Kristiana Ludwig, Stuttgart/Berlin

Die Stadt Stuttgart ist bisher recht unauffällig durch die Corona-Pandemie gekommen. Nun aber häufen sich in Baden-Württembergs Landeshauptstadt die Neuinfektionen, die mit Partyurlauben in Kroatien in Zusammenhang gebracht werden. Bei knapp 100 Infizierten, die seit Mitte Juni in Stuttgart bekannt wurden, handelt es sich laut dem Gesundheitsamt um Rückkehrer aus dem Ausland. Das entspreche einem Drittel aller Neuinfizierten. 31 der Infizierten waren in Kroatien.

Anfang August hatten acht Kroatienrückkehrer, die Ende Juli in der kroatischen Partyhochburg Novalja Urlaub gemacht hatten, in Stuttgart an einer Geburtstagsfeier in einem Club teilgenommen und dabei mindestens 16 weitere Gäste angesteckt. Parallel sind in der Umgebung mehrere Fälle bekannt geworden, bei denen sich Gruppen von Jugendlichen bei Abiturfahrten nach Kroatien infiziert hatten, etwa im Landkreis Göppingen und in der Stadt Fellbach bei Stuttgart.

Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn hat Bund und Land schon am Dienstag aufgefordert, aktiv zu werden. "Im März waren es vor allem die Reiserückkehrer aus Tirol und Südtirol, die für hohe Infektionszahlen gesorgt haben. Das darf uns jetzt mit anderen Regionen nicht wieder passieren."

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Entweder müssten Kroatien oder einzelne Regionen des Landes zum Risikogebiet erklärt werden, so Kuhn. Alternativ sei eine Testpflicht für Reiserückkehrer aus Regionen denkbar, in denen die Infektionsgefahr hoch ist, auch wenn sie nicht die Kriterien des Robert-Koch-Instituts erfüllten.

Kurz nach Kuhns Wortmeldung appellierten auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und sein bayerischer Kollege Markus Söder (CSU) an den Bund, das osteuropäische Land zum Risikogebiet zu erklären. Denn mit einer solchen Einstufung würde für heimkehrende Urlauber eine Testpflicht auf das Coronavirus greifen. In Österreich gilt Kroatien bereits seit 14. August als Risikogebiet.

Die Entwicklung in Kroatien habe man "genau im Blick", sagt eine sprecherin des Auswärtigem Amtes

Aus dem Auswärtigen Amt heißt es, in Kroatien sei derzeit nicht der kritische Richtwert von 50 infizierten Personen pro 100 000 Einwohnern innerhalb von einer Woche erreicht, den die Bundesregierung zur Kennzeichnung von Risikogebieten anlegt. Das europäische Zentrum für Krankheitsprävention und -kontrolle (ECDC) zählte am Mittwoch in Kroatien 37,7 Coronafälle pro 100 000 Einwohner in den vergangenen 14 Tagen.

Allerdings beobachte man "in einigen Regionen Kroatiens einen verstärkten Anstieg der Zahlen", sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts. Dies habe man "genau im Blick".

Auch aus dem Bundesgesundheitsministerium heißt es, man sei zur Ausweisung von Risikogebieten im stetigen Austausch mit Innen- und Außenministerium. Ausschlaggebend seien neben dem Infektionsgeschehen auch die Behandlungsmöglichkeiten in einer Region.

© SZ vom 20.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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