Pressefreiheit in China:Reporter mit Grenzen

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Wer unliebsam wird, den halten Xi Jinping (Mitte) und sein Regime auf Abstand: Ausländische China-Korrespondenten beim Parteikongress im Oktober. (Foto: Shen Hong/Imago)

Der letzte indische Korrespondent soll China verlassen - weil Peking im Konflikt mit dessen Heimatland steht. Journalisten aus anderen Staaten kennen dieses Spiel gut. Auch deutsche.

Von Lea Sahay, Peking

In wenigen Wochen könnte es soweit sein: Peking hat den letzten indischen Journalisten in China aufgefordert, das Land zu verlassen. Der Korrespondent der Nachrichtenagentur Press Trust soll bis zum Ende des Monats ausreisen. 2020 arbeiteten noch 14 indische Korrespondenten in China. Hintergrund sind die Spannungen im Grenzkonflikt zwischen den Atommächten; China wirft Indien vor, die Arbeit chinesischer Korrespondenten im Land zu behindern.

Es ist nicht das erste Mal, das Journalisten in China zwischen die Fronten bilateraler Spannungen geraten. Ausgelöst durch einen Meinungsbeitrag im Wall Street Journal hatte China 2020 drei Korrespondenten der Zeitung ausgewiesen. Nach einem Schlagabtausch mit der Trump-Administration, die ihrerseits die Zahl von Visa für Chinas Staatsmedien limitierte, verloren mindestens 18 Journalisten der New York Times, des Wall Street Journal und der Washington Post ihre Arbeitsgenehmigungen - die größte Ausweisungswelle seit dem Massaker am Platz des Himmlischen Friedens 1989.

Im Großkonflikt gegen den Westen, in dem sich die Partei unter Führung Xi Jinpings wähnt, beschränkt Peking den Zugang zu unabhängigen Informationen systematisch. In den vergangenen Monaten hat es zwei wichtige Datenbanken für Analysten und Forscher aus dem Ausland gesperrt, unter dem Vorwand nationaler Sicherheit stellt ein neues Spionagegesetz jegliche Weitergabe von Daten ins Ausland potenziell unter Strafe.

Im Ranking der Pressefreiheit liegt China auf Platz 179 von 180

Um seinen Einfluss zu stärken, betreibt Peking weltweit Radio- und Fernsehsender, die weitestgehend uneingeschränkt arbeiten können; in der jährlichen Umfrage unter Auslandskorrespondenten in China war 2022 hingegen von einem der schwierigsten Jahre jemals die Rede. Reporter ohne Grenzen listet die Volksrepublik China in seiner Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 179 von 180 Staaten.

Die Zahl ausländischer Journalisten befindet sich auf einem Tiefstand. Wichtigster Grund ist der erschwerte Zugang zu Journalistenvisa. Ob und wie schnell ein Medium ein Visum erhält, entscheidet das politische Verhältnis des Heimatstaats zu China. Demnach haben Kanada und Australien, mit denen Peking seit Jahren im Streit liegt, keinen einzigen Korrespondenten für ein heimisches Medium mehr vor Ort. Mehrere Journalisten mussten nach Drohungen das Land fluchtartig verlassen.

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Zwischen Deutschland und China, die nächste Woche ihre Partnerschaft mit Regierungskonsultationen unterstreichen, spielt sich hinter den Kulissen seit 2020 ein Tauziehen um jedes Visum ab. Nachdem zu Beginn der Pandemie gar keine Visa von chinesischer Seite ausgegeben wurden und Korrespondenten trotz gültiger Arbeitserlaubnis die Einreise verboten wurde, gibt es inzwischen einen Kompromiss. Dieser ist jedoch deutlich schlechter als noch 2019: Deutsche Redaktionen erhalten nur ein Visum, wenn auch ein chinesisches Medium einen Journalisten nach Deutschland entsenden will. Allerdings entscheidet die chinesische Seite, welchem Medium sie auf der deutschen Warteliste als erstes Zutritt gewährt. Unliebsame Reporter müssen warten.

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