Anstieg der Infektionen:China kämpft mit dramatischer Corona-Welle

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Lange Schlangen vor einer Fieberklinik in Wuhan. Der Ansturm auf Kliniken in chinesischen Metropolen wächst nach dem Ende der strikten Corona-Maßnahmen. (Foto: Martin Pollard/Reuters)

Seit der Lockerung der strikten Null-Covid-Politik in China steigt die Zahl der Infektionen in Metropolen wie Peking. Auch Ärzte und Pfleger sind zunehmend infiziert.

Nach der Lockerung der strengen Null-Covid-Strategie in China müssen viele Krankenhäuser einen Ansturm von Infizierten bewältigen. In Metropolen wie Peking, Guangzhou, Chengdu oder Shijiazhuang erlebten Hospitäler "den ersten Schock einer gigantischen Welle von Infektionen und einen Mangel an Gesundheitspersonal", schrieb das renommierte Wirtschaftsmagazin Caixin am Montag und sprach von "Covid-Chaos". Notaufnahmen sind überfüllt. In langen Schlangen müssen Hilfesuchende bis zu fünf, sechs Stunden warten - bei zum Teil winterlichen Temperaturen.

In einer radikalen Kehrtwende hatte die Regierung vergangenen Mittwoch ihre rigorose Null-Covid-Strategie weitgehend aufgehoben. Lockdowns wurden beendet, die strenge Testpflicht und zwangsweise Quarantäne oder Isolation von Kontaktpersonen weitgehend gelockert. Schon vorher hatte es gleichwohl Anzeichen gegeben, dass die Zahl der Infizierten spürbar anstieg und die Testkapazitäten und behördliche Nachverfolgung der Infektionen längst nicht mehr mithalten konnten.

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"Die gegenwärtige Omikron-Mutation ist hoch ansteckend", erklärte der führende chinesische Epidemiologe und Regierungsberater Zhong Nanshan in einem Interview die 180-Grad-Wende der Regierung. Die Epidemie verbreite sich gegenwärtig sehr schnell. "Unter solchen Umständen ist es schwierig, die Übertragungsketten komplett zu unterbrechen - egal wie stark Vorbeugung und Kontrolle sind."

Der überraschende Kurswechsel traf viele Krankenhäuser aber weitgehend unvorbereitet. Ein großes Problem ist es, Covid-Fälle von anderen Patienten zu trennen und das eigene Personal zu schützen. Infizierte stecken vielfach Ärzte und andere Mitarbeiter an. "Unser Hospital verfolgt jeden Tag strenge Schutzmaßnahmen, aber mit dem Anstieg der Patienten ist die Infektionsrate unter unseren medizinischen Mitarbeitern hoch", zitierte die Zeitung Zhongguo Shibao einen Arzt eines Hospitals in der Südprovinz Guangdong. Das bisherige strenge Vorsichtsprotokoll wird teilweise auch schon gelockert.

Ärzte und Pfleger selbst in Isolation, Angst vor weiterer Zuspitzung

Eine Ärztin in Peking berichtete, dass sie trotz eigener Infektion weiterarbeiten müsse. Auch wird die Definition von "Kontaktperson" weiter gefasst als bisher. Wo es noch streng gehandhabt wird, sind große Teile der Ärzte und Pfleger nicht im Dienst, weil sie selbst infiziert oder als enge Kontakte in Isolation sind. In vielen Apotheken sind Erkältungs- oder Fiebermedikamente sowie Schnelltests ausverkauft. Viele Geschäfte und Restaurants sind etwa in Peking geschlossen. Menschen trauen sich aus Angst vor Infektionen nicht vor die Tür. Die sonst verstopften Straßen der Hauptstadt wirkten am Montag wie leer gefegt.

Experten fürchten, dass die Corona-Welle jetzt besonders ältere Menschen treffen wird, die in China aus Angst vor Nebenwirkungen vielfach nicht ausreichend geimpft sind. Nur 40 Prozent der Menschen, die älter als 80 sind, haben bislang eine Booster-Spritze bekommen. Führende Epidemiologen sagten nach Angaben der parteinahen Zeitung Global Times, dass die Infektionswelle innerhalb von einem Monat den Höhepunkt erreichen werde. Da nicht mehr getestet und wohl kaum noch gemeldet wird, spiegeln die offiziellen Fallzahlen längst nicht mehr das Geschehen wider.

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