Corona in China:Dämonische Grüße

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Welche Botschaft die chinesische Post mit diesen Designs senden will, ist vielen ein Rätsel. (Foto: STR/AFP)

Die chinesische Post hat sich mit Sonderbriefmarken zum Jahr des Hasen viel Spott eingehandelt. Sind darauf Todesengel zu sehen - als Hinweis auf das entfesselte Coronavirus? Dennoch oder gerade deswegen waren die Marken sofort vergriffen.

Von Florian Müller

An wichtige Ereignisse in Form von Briefmarken zu erinnern, das ist in den meisten Ländern gang und gäbe. In Deutschland hat das Bundesfinanzministerium zuletzt beispielsweise eine Sonderbriefmarke zu Weihnachten herausgegeben. Darauf ist, wenig spektakulär, ein Engel aus der Frührenaissance zu sehen, mit dem Bibelzitat: "Ich verkündige euch eine große Freude."

Auch die chinesische Post gibt jedes Jahr zahlreiche neue Serien heraus, um politische und gesellschaftliche Ereignisse zu feiern. So auch anlässlich des chinesischen Neujahrsfests, das in einigen Tagen beginnt und das Jahr des Hasen einläutet. Bereits seit 1980 gibt es die Tradition, Motive passend zum aktuellen Tierkreiszeichen zu verwenden. Doch welche Botschaft der Staatsbetrieb mit seinem diesjährigen Design senden will, ist vielen ein Rätsel.

Es ist ein Hase, klar, aber was für einer? Rot leuchtende Augen hat er, der Körper ist blau und besitzt menschliche Hände, in denen er Papier und Stift hält. Wie Staatsmedien berichten, soll die Zeichnung eine Blaupause für das neue Jahr symbolisieren, weil "blauer Hase" im Chinesischen ähnlich wie "Blaupause" ausgesprochen wird.

Kommentatoren auf Online-Plattformen schreiben dem Hasen hingegen eine "dämonische Aura" zu. Andere bezeichnen ihn in Anspielung auf die derzeit grassierende Corona-Welle als "Todeshasen", der die Namen der Toten aufschreibt: "Ein klarer Hinweis auf die Realität im kommenden Jahr." Dennoch oder gerade deswegen waren die Marken sofort vergriffen.

Die Debatte über die Briefmarke wurde schnell zu einem der Top-Themen auf der Twitter-ähnlichen Plattform Weibo. Der Designer des Hasen, der 98-jährige Künstler Huang Yongyu, erklärte schließlich in einem Livestream, dass er die Menschen mit seinem Werk fröhlich stimmen wollte. Einige Internetnutzer fügten hinzu, dass das Design genau dem kindlichen Stil entspreche, mit dem der Künstler berühmt geworden sei.

Huang ist eine Legende im chinesischen Kunstbetrieb, der Maler und Dichter hat unter anderem die allererste Marke der Serie zum Neujahrsfest 1980 designt, dem Jahr des Affen. 1924 in der zentralchinesischen Provinz Hunan geboren, erlebte er den Bürgerkrieg und den Aufstieg des Kommunistenführers Mao Zedong, die Leiden des Großen Sprungs, als mutmaßlich Dutzende Millionen Menschen verhungerten, die Verfolgung vermeintlich Andersdenkender während der Kulturrevolution, die auch ihn traf.

Dennoch bewahrte er sich eine Leichtigkeit, die sich in seiner Lebensphilosophie widerspiegelt: "Aufstehen und weitermachen", sagte der Professor der Zentralakademie der Bildenden Künste in Peking in einer Dokumentation des Staatsfernsehens vergangenes Jahr. Es ist eine Botschaft der Zuversicht, die die Staatspropaganda auch in diesen Tagen überfüllter Krankenhäuser und Staus vor den Krematorien verbreiten möchte.

Konterkariert wird sie jedoch durch das Schicksal des Designers einer weiteren Neujahrsmarke. Ihr Designer, der bekannte Pekinger Kunstprofessor Wu Guanying, ist Berichten zufolge kurz vor Weihnachten im Alter von 67 Jahren gestorben. Todesursache: "schwere Erkältung", häufig ein Code für Covid-19.

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