Chavez twittert:140 Zeichen für die ewige Revolution

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Venezuelas Staatschef Chavez entdeckt das Internet: Via Twitter verschickt er Einladungen zum Sozialismus - selbst an Kubas Altrevoluzzer Fidel Castro.

P. Burghardt

Schweigsam war Venezuelas Staatschef schon vorher nicht, wenige Politiker sprechen mehr als Hugo Chavez. Jeden Sonntag führt der frühere Offizier durch eine Fernsehshow namens "Hallo Präsident", und auch wochentags unterhält er gerne mit ausgedehnten Ansprachen und Zeitungskolumnen.

Der Cyber-Chavez nennt sich "Chavezcandanga", was Teufel oder auch Wirbelwind bedeuten kann. (Foto: Foto: Reuters)

Das weltweite Netz dagegen war dem Anführer der venezolanischen Revolution bis vor kurzem unheimlich, denn dort tummelten sich vor allem Opposition und Massenmedien. "Terrorismus", zürnte Chavez, "das Internet darf nicht frei sein."

Doch nun hat der Comandante aus Caracas auch dieses Feld für sich entdeckt. Seit vergangener Woche ist der Freund der langen Reden als Mikroblogger beim Netzwerk Twitter im elektronischen Fronteinsatz. Wie üblich geht die Offensive mit einigem Brimborium einher.

Der Angriff begann am vergangenen Mittwoch zur Geisterstunde, der Debütant hatte zuvor auf Staatssendern gewarnt. "Ich werde meinen Schützengraben im Internet haben", verkündete Chavez, "das wird ein Bombardement, mit einem Bombardement von Antworten, Schlacht ist Schlacht." Man möge "auf diese Seite aufpassen".

Um 0:14 Ortszeit war es so weit, Venezuelas Uhr hatte er schon länger um eine halbe Stunde vorstellen lassen. "Hey, wie geht's?", schrieb der Neuling auf Twitter. "Ich bin aufgetaucht, wie ich gesagt hatte: gegen Mitternacht. Fahre jetzt nach Brasilien. Und bin sehr zufrieden, für Venezuela zu arbeiten. Venceremos (wir werden siegen)."

Der Commandante hat schon 162.000 Anhänger

Am Samstag dann, 1. Mai: "Glückwünsche an die Arbeiterinnen und Arbeiter zu eurem Tag. Ich lade euch ein zum Sozialismus, der das Königreich der Arbeiterklasse ist. Danke für eure Botschaften."

Mehr als 140 Zeichen dürfen die Attacken in dieser Form nicht haben, so sieht es das Format von Twitter vor. Solcher Minimalismus ist eine Herausforderung für einen Mann, dessen Vorbild der Kubaner Fidel Castro mit seinen oft stundenlangen Reden war.

Der Cyber-Chavez nennt sich "Chavezcandanga", das Wort Candanga bedeutet anderswo so viel wie Teufel und bei ihm irgendetwas wie Wirbelwind. Seine Kurzbiographie lautet so: "Präsident der Bolivarischen Republik Venezuela. Bolivarischer Soldat, Sozialist und Antiimperialist." In der nationalen Twitter-Rangliste preschte er mit 162.000 Anhängern gleich nach vorne. Der Kollege Barack Obama ist mit 3,8 Millionen Besuchern allerdings noch deutlich besser.

Pionier Obama hatte sich mit Twitter und Facebook auf den Weg ins Weiße Haus gemacht, das fand Nachahmer. Auch der grüne Antanas Mockus mischt im Internet gerade den Wahlkampf auf und könnte Kolumbiens Präsident werden. In Iran stützten sich die unterdrückten Gegner von Mahmud Ahmadinedschad in letzter Not ebenfalls auf Twitter. Nach dem Erdbeben in Haiti gehörten die schnellen Textbotschaften zu den ersten Nachrichten aus den Trümmern. Auf Kuba fordert die Bloggerin Yoani Sanchez die kommunistische Zentrale heraus.

Chavez schlug jetzt auch dem kranken Fidel Castro in Havanna und dem bolivianischen Mitstreiter Evo Morales vor, bei Twitter einzusteigen. "Evo, ich lade dich ein, Fidel, ich lade dich ein. Lasst uns die ideologische Schlacht in allen Räumen schlagen. Revolution in allen Räumen!" Fidel Castros gibt es bei Twitter jedoch gleich mehrere. Einer nennt als seinen Standort "Staatsgeheimnis", ein anderer schreibt: "Ich führe ein kleines Land namens Kuba. Vielleicht habt ihr davon gehört."

© SZ vom 03.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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