CDU:Austritt vor dem Ultimatum

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Die Partei verliert ein Mitglied - und atmet auf: In Sachsen-Anhalt ist ein Lokalpolitiker mit Neonazi-Kontakten ausgetreten.

Von Cornelius Pollmer, Leipzig

Hatte eine kleine Regierungskrise in Magdeburg ausgelöst: Robert Möritz. (Foto: dpa)

Der wegen seiner Kontakte in die Neonazi-Szene kritisierte Lokalpolitiker Robert Möritz ist aus der CDU ausgetreten und hat sich damit einem Ultimatum des Landesverbandes in Sachsen-Anhalt entzogen. Der 29-Jährige, der bislang Beisitzer im Vorstand des Kreisverbandes Anhalt-Bitterfeld gewesen war, erklärte die Entscheidung am Freitag schriftlich, sagte Generalsekretär Sven Schulze der Deutschen Presse-Agentur. Möritz' Austritt sei damit wirksam. Der Welt zufolge begründete Robert Möritz seinen Entschluss äußerlich mit dem Wunsch, weiteren Schaden von der Partei abwenden und politische Diskussionen befrieden zu wollen: "Manchmal bedarf es der Besinnung auf die wahren Prioritäten im Leben."

Die Debatte um Möritz hatte eine tagelange Krise der schwarz-rot-grünen Regierungskoalition in Magdeburg ausgelöst. Begonnen hatte diese mit Bekanntwerden von Möritz' Mitgliedschaft in dem zweifelhaften Verein Uniter sowie einer bei Rechtsextremen beliebten Tätowierung. Zudem war öffentlich geworden, dass der Lokalpolitiker 2011 Teilnehmer einer Neonazi-Demonstration gewesen war und sich noch 2014 mit Mitgliedern einer rechtsradikalen Band gezeigt hatte. Zudem hatten das Lavieren von Möritz, sein nur schrittweises Einräumen von Vorwürfen sowie immer mehr Veröffentlichungen über seine Verbindungen in die rechtsextreme Szene Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Lokalpolitikers wachsen lassen. Der CDU-Kreisverband von Möritz hatte dessen Distanzierungen zunächst allerdings Glauben geschenkt und ihm ohne Gegenstimme das Vertrauen ausgesprochen. Am Freitag hingegen sagte der Kreischef der CDU, Matthias Egert, der Austritt von Robert Möritz sei ein richtiger Schritt. Möritz sei damit einem Parteiausschluss zuvorgekommen.

Die CDU in Sachsen-Anhalt ignorierte die Kontakte von Möritz zur Neonazi-Szene

Tatsächlich hatte die CDU in Sachsen-Anhalt mit ihrem zunächst nachsichtigen und defensiven Umgang mit dem Fall Möritz umfangreiche Kritik auf sich gezogen, sowohl von den Koalitionspartnern SPD und Grüne als auch von Vertretern der eigenen Partei aus dem ganzen Bundesgebiet. Den konkreten Vorwurf, der Landesverband grenze sich nicht hinreichend nach rechts ab und ließe vielmehr reaktionäre Kräfte in den eigenen Reihen gewähren, hatte Sachsen-Anhalts CDU-Chef Holger Stahlknecht zurückgewiesen. Der konservative Flügel sei "ein kleiner, aber lauter Teil", hatte Stahlknecht gesagt. Infolge des hohen Drucks war von der Landesspitze für den Donnerstagabend eine Beratung mit allen Kreischefs angesetzt worden. Dort war einstimmig beschlossen worden, dass das Tragen von NS-Symbolik und anderen Kennzeichen der Szene mit einer CDU-Mitgliedschaft unvereinbar sei. Die Runde hatte Möritz zudem aufgefordert, seine Kontakte in die extremistische Szene bis zum 27. Dezember lückenlos offenzulegen. Beim Bekanntwerden weiterer Umstände käme es automatisch zu einem Parteiausschluss. Diesem Prozedere hat sich Möritz mit seiner Austrittserklärung entzogen.

Mit diesem Austritt dürfte der Druck auf die CDU in Sachsen-Anhalt und auf Landeschef Holger Stahlknecht zunächst nachlassen. Jedoch war derselbe Landesverband zuletzt häufiger auffällig geworden. Erst im Sommer hatte eine "Denkschrift" für Entsetzen gesorgt, deren Autoren unter anderem fabuliert hatten, es müsse wieder gelingen, "das Soziale mit dem Nationalen zu versöhnen". Im November wiederum hatte sich die Landes-CDU mit dem gescheiterten Versuch blamiert, den umstrittenen Polizeigewerkschafter Rainer Wendt zum Staatssekretär zu machen.

© SZ vom 21.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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