Bundespräsidentenwahl:Max Otte soll AfD-Kandidat werden

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Der deutsch-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Max Otte, hier bei einem Auftritt in der ARD-Sendung "Anne Will". (Foto: Wolfgang Borrs/DPA)

Parteichef Tino Chrupalla will das CDU-Mitglied und den höchst umstrittenen Chef der Werteunion auch gegen interne Widerstände und das gemäßigte Lager durchsetzen.

Von Markus Balser, Berlin

Der Termin der Bekanntgabe steht. An diesem Donnerstag will die AfD eigentlich präsentieren, wen die Partei als Kandidaten für die Wahl des Bundespräsidenten ins Rennen schickt. Es sollte eine Personalie werden, um die zerstrittene Partei endlich wieder zu versöhnen. Doch nun droht das Gegenteil. Denn Co-Parteichef Tino Chrupalla plant einen Überraschungscoup. Zusammen mit anderen weit rechts stehenden Vorkämpfern aus der AfD-Spitze will er Max Otte, den Chef der ultrakonservativen Werteunion, zum AfD-Kandidaten für das höchste Staatsamt machen und verärgert damit den gemäßigten Teil der Partei.

In einer Telefonkonferenz des AfD-Bundesvorstands am Montagvormittag sei das CDU-Mitglied bereits als möglicher Kandidat genannt worden, heißt es weiter. Otte soll zuvor seine Bereitschaft signalisiert haben. Doch im Bundesvorstand platzte die von Chrupalla erhoffte Einigung. "Nach längerer Diskussion" habe der Bundesvorstand noch keine Entscheidung zum Bundespräsidenten-Kandidaten getroffen, sagte ein Sprecher am Montag. Der Vorstand werde sich zeitnah mit den Landessprechern abstimmen.

Meuthen habe intern vor einem "Rohrkrepierer zum Schaden der Partei" gewarnt

Vor allem das für AfD-Verhältnisse gemäßigte Lager von Noch-Co-Chef Jörg Meuthen läuft nach SZ-Informationen Sturm gegen die Personalie. In Kreisen des AfD-Bundesvorstands wurde der Vorschlag gar als "toxische Personalie" beschrieben, die die derzeit ohnehin zerrissene Partei noch tiefer spalten könnte. Intern habe Meuthen vor einem "Rohrkrepierer zum Schaden der Partei" gewarnt, heißt es weiter. Er liegt mit Otte auch persönlich über Kreuz.

Der 57-jährige Ökonom Otte hat schon länger enge Kontakte zur AfD. Von Juni 2018 bis Januar 2021 war er zudem Vorsitzender des Kuratoriums der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES). Er musste jedoch gehen, nachdem er dafür geworben hatte, auch die Akteure des aufgelösten und als rechtsextrem eingestuften "Flügels" innerhalb der Partei einzubinden. Das lehnten andere Teile der DES-Spitze ab. Auch in der Werteunion war Otte lange umstritten. Im Herbst 2019 wollte ihn die Vereinigung noch aus der CDU ausschließen lassen. Damals hatte Otte nach der Ermordung des CDU-Politikers Walter Lübcke von Hetze gegen Rechte gesprochen. Otte hatte den Tweet später gelöscht und sich bei der Familie entschuldigt.

Die Personalie gilt auch als brisant, weil die AfD gerade versucht, sich als gemäßigt darzustellen. Sie geht vor Gericht gegen die vom Verfassungsschutz geplante Einstufung der gesamten Partei als rechtsextremer Verdachtsfall vor. Anfang März will ein Gericht über Klagen der Partei gegen den Inlandsgeheimdienst und dessen Vorgehen verhandeln. Eine neue Debatte über einen Rechtsruck käme da ungelegen.

Auch Erika Steinbach sei als Kandidatin im Gespräch, heißt es aus Partei und Fraktion

Doch trotz vieler interner Zweifel steigen Ottes Chancen auf eine Kandidatur. Wegen des Patts im Bundesvorstand will sich nun die AfD-Fraktion der Sache annehmen und bereits an diesem Dienstag über die Kandidatenfrage beraten. Auf die Fraktion hat Chrupalla zusammen mit seiner Co-Chefin Alice Weidel größeren Einfluss als im Bundesvorstand. In der Fraktion mehrten sich die Stimmen, die sich für Otte aussprechen, heißt es. Auch in internen AfD-Chats bekomme der mögliche Kandidat viel Zustimmung. Allerdings seien auch noch andere Kandidatinnen und Kandidaten im Gespräch, etwa die Vorsitzende der Desiderius-Erasmus-Stiftung, Erika Steinbach. Die Werteunion selbst wiederum brachte Otte gar mit einer Pressemeldung als Kandidaten für die Union ins Gespräch.

Die Wahl des Bundespräsidenten findet am 13. Februar in der Bundesversammlung statt - Amtsinhaber Frank-Walter Steinmeier tritt für eine zweite Amtszeit an. Die Wiederwahl Steinmeiers gilt bereits als sicher. Die AfD kommt in der Bundesversammlung höchstens auf gut 150 der fast 1500 Stimmen. Der AfD-Kandidat ist damit chancenlos. Es geht vor allem um eine symbolische Bewerbung. Ziel der Partei müsse es sein, besser als beim letzten Mal abzuschneiden, heißt es aus der AfD-Spitze. Bei der Wahl 2017 hatte die AfD den Bundestagsabgeordneten Albrecht Glaser gegen Steinmeier ins Rennen geschickt. Glaser bekam bei der Abstimmung in der Bundesversammlung aber nur 42 Stimmen.

Die AfD äußerte sich am Montag nicht offiziell zu den Vorgängen und der möglichen Kandidatur Ottes. Auch Otte ließ eine Anfrage zu einer möglichen Kandidatur unbeantwortet.

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Dass Max Otte ausgeschlossen werden soll, ist ein gutes Zeichen. Man sollte aber nicht vergessen, dass die Partei viel zu lange Mitglieder am äußersten rechten Rand hat gewähren lassen.

Kommentar von Robert Roßmann

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