Der Flüchtlingsstrom aus Syrien hat im August mit über 100.000 Menschen einen traurigen Rekord erreicht. Nie zuvor seien so viele Menschen innerhalb eines Monats aus dem Bürgerkriegsland geflohen, teilten die UN in Genf mit. Insgesamt hätten sich seit Ausbruch der Kämpfe vor 17 Monaten in benachbarten Ländern knapp 235.000 Syrer beim Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) registrieren lassen, sagte UNHCR-Sprecherin Melissa Fleming.
Tatsächlich sind nach Einschätzung von Helfern noch weit mehr Menschen aus Syrien geflohen. Viele würden sich nicht in den Nothilfelagern in der Türkei, Jordanien, im Libanon sowie im Irak melden, sondern versuchen, in diesen Ländern allein zurechtzukommen. Immer wieder würden Syrer auch in ihre Heimatgebiete zurückkehren, um ihre Häuser zu sichern, sobald dort die Kämpfe abflauen.
Bei der Hilfe für syrische Bürgerkriegsflüchtlinge steht für die Bundesregierung eine Aufnahme in Deutschland weiterhin nicht im Vordergrund - dennoch lässt Berlin erstmals durchblicken, hier zu Zugeständnissen bereit zu sein. "Ich schließe das nicht aus, aber Priorität hat derzeit die Hilfe vor Ort", bekräftigte Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) in der Frankfurter Rundschau. Für die Flüchtlingshilfe habe die Bundesregierung bereits 22 Millionen Euro bereitgestellt.
Das Auswärtige Amt hatte eine Aufnahme schon zuvor nicht ausgeschlossen, aber erklärt, alle Bemühungen seien in die internationale Strategie einzubetten. Westerwelle sagte: "Leider ist klar: So lange die Gewalt gegen die syrische Zivilbevölkerung anhält, wird es Flüchtlinge geben."
SPD und Grüne sprechen sich für Flüchtlingsaufnahme aus
Die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen machen sich für eine Aufnahme von Kriegsflüchtlingen in Deutschland stark. Wenn der Flüchtlingsstrom aus Syrien nicht zum Erliegen komme, würden auch die EU-Mitgliedsländer nicht umhin kommen, Flüchtlinge aufzunehmen, sagte SPD-Vizefraktionschef Gernot Erler der Tageszeitung Die Welt. Die Bundesregierung müsse eine humanitäre Tragödie verhindern. In jedem Fall sei eine "stärkere Unterstützung der Anrainerstaaten, die bislang die Hauptlast der Flüchtlingsströme tragen", erforderlich.
Noch weiter ging Grünen-Fraktionsvize Josef Winkler: "Die Forderung nach einer aktiven Aufnahme syrischer Bürgerkriegsflüchtlinge und dem Ansatz des 'Schutzes in der Region' sind kein Gegensatz, sondern bedingen einander." Der Grüne setzt sich dafür ein, dass Deutschland aus humanitären Gründen unbürokratisch Flüchtlinge aus Syriens Nachbarländern Türkei, Libanon und Jordanien aufnimmt. "Ein solcher Schritt Deutschlands - oder besser noch: der Europäischen Union - soll den Anrainerstaaten helfen, ihre Grenzen auch weiterhin offenzuhalten."
Westerwelles Parteikollegin, die EU-Abgeordnete Nadja Hirsch (FDP), fordert indes einen Schlüssel zur fairen Verteilung von Asylsuchenden über die Mitgliedstaaten der Europäischen Union. "Es kann nicht sein, dass zehn Mitgliedstaaten - darunter Deutschland - 90 Prozent der Asylsuchenden aufnehmen. Die restlichen 17 stehlen sich aus der Verantwortung, indem sie ihr Asylsystem so rudimentär und uneinladend wie möglich halten", erklärte Hirsch per Pressemitteilung.