Abstimmung in London:Parlament stellt sich gegen No-Deal-Brexit - und will nachverhandeln

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Premierministerin Theresa May warb im Parlament für eine Neuverhandlung der Regelungen für Nordirland, obwohl die Zeit bis zum offiziellen Austrittstermin am 29. März drängt. (Foto: REUTERS)
  • Die britische Premierministerin May will zwei Monate vor dem geplanten Datum für den Brexit noch einmal das Abkommen mit Brüssel nachverhandeln.
  • May fordert, dass Brüssel rechtlich bindend den umstrittenen Backstop für Nordirland durch nicht näher benannte Alternativen ersetzt.
  • Die EU lehnt aber Neuverhandlungen nach wie vor ab, wie ein Sprecher von Ratspräsident Donald Tusk noch am Dienstagabend in Brüssel mitteilte.

Von Björn Finke, London

Die britische Premierministerin Theresa May will mit der EU über Änderungen im Austrittsvertrag verhandeln. Sie möchte, dass Brüssel rechtlich bindend den umstrittenen Backstop für Nordirland durch nicht näher benannte Alternativen ersetzt. Der Backstop, eine Auffanglösung, soll sicherstellen, dass niemals Zollkontrollen an der inneririschen Grenze nötig sein werden. Anhänger eines harten Brexit in Mays konservativer Fraktion bekämpfen diese Regelung. Am Dienstagabend stimmte die Mehrheit im britischen Parlament für einen Antrag, der dazu aufruft, den Austrittsvertrag doch noch gut zu heißen, wenn May den Backstop entschärfen kann. Die EU lehnt allerdings Neuverhandlungen nach wie vor ab. Das sagte ein Sprecher von Ratspräsident Donald Tusk am Dienstagabend in Brüssel.

Der Antrag zum Backstop wurde mit 317 zu 301 Stimmen akzeptiert. May sagte, die Gespräche würden "nicht einfach", denn in der EU gebe es wenig Lust auf Änderungen. Aber das Parlament habe jetzt klar gemacht, was nötig sei, damit der Vertrag angenommen werde. Vor zwei Wochen hatte die Mehrheit der Abgeordneten gegen den Austrittsvertrag gestimmt, auf den sich London und Brüssel geeinigt hatten. Ohne gültigen Vertrag droht am 29. März ein ungeregelter Brexit ohne Übergangsphase, dafür mit Zöllen und Zollkontrollen. Auch ein gutes Drittel der Konservativen verweigerte May die Gefolgschaft: die meisten, weil sie den Backstop ablehnen. Die Klausel sieht eine enge Anbindung an die EU vor, wenn Zollkontrollen zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland anders nicht zu verhindern sind.

May will dem Parlament den Austrittsvertrag noch einmal vorlegen

May versprach bereits vorige Woche, nach ihrer Niederlage noch einmal über den Backstop zu verhandeln. Am Dienstagabend konnten nun die Abgeordneten über Anträge abstimmen, in denen die Politiker - meist unverbindliche - Wünsche zum Vorgehen äußerten. Der Antrag des Konservativen Graham Brady besagte, dass das Parlament den Austrittsvertrag in einem zweiten Anlauf billigen solle, wenn es May gelingt, mit der EU eine Alternative zum Backstop zu finden. Die Regierungschefin hatte dazu aufgerufen, diesen Antrag zu unterstützen. Sie hofft, dass dies ihre Verhandlungsposition stärkt. Und tatsächlich fand der Antrag eine Mehrheit.

Allerdings votierte das Parlament zugleich für einen Antrag, den May ablehnte. Mit einer Mehrheit von 318 zu 310 Stimmen sprach sich das Unterhaus dagegen aus, die EU ohne Vertrag zu verlassen. Der Antrag ist aber nicht bindend. Ein anderer Antrag hätte dem Parlament allerdings die Möglichkeit gegeben, so einen chaotischen Brexit deutlich zu erschweren. Danach sollte die Regierung per Gesetz zur Verschiebung des Austritts gezwungen werden, wenn der Vertrag nicht bald gebilligt wird. Doch dafür fand sich keine Mehrheit - zur Erleichterung Mays, die eine Schwächung ihrer Verhandlungsposition fürchtete.

May will dem Parlament den Austrittsvertrag noch einmal vorlegen, wenn sie Änderungen beim Backstop erreicht hat. Gelingt ihr das nicht bis 13. Februar, erhalten Parlamentarier am Tag darauf die Möglichkeit, wieder über Anträge mit eigenen Ideen abzustimmen.

© SZ vom 30.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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