Brexit:Die britische Regierung wankt

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Der Widerstand gegen Theresa Mays Brexit-Plan stürzt das Kabinett in die Krise: Zwei Minister treten zurück, konservative Abgeordnete fordern ein Misstrauensvotum gegen die Premierministerin.

Von Björn Finke und Alexander Mühlauer, London/Brüssel

Der Streit über den Austrittsvertrag stürzt die britische Regierung in eine Krise: Am Donnerstag trat Brexit-Minister Dominic Raab zurück, der das Abkommen mit Brüssel ausgehandelt hat. Er könne das Ergebnis nicht mittragen, teilte er mit. Zudem gaben die Arbeitsministerin und mehrere Staatssekretäre ihr Amt auf. Im Parlament verteidigte Premierministerin Theresa May den Vertrag, auf den sich London und Brüssel nach langen Verhandlungen geeinigt haben. Am Mittwochabend hatte das Kabinett dem Abkommen nach fünfstündiger Sitzung zugestimmt, allerdings äußerten viele Minister Kritik.

Der Vertrag regelt die Bedingungen des Austritts. Die Staats- und Regierungschefs der EU sollen ihn bei einem Gipfeltreffen am 25. November billigen. Auch das britische Parlament muss zustimmen; als Termin dafür wird der 18. Dezember genannt. Die Briten verlassen die EU am 29. März. Doch ist fraglich, ob May eine Mehrheit für das umstrittene Abkommen findet. Gegner stören sich vor allem an Großbritanniens Verpflichtung, auf Dauer in einer Zollunion mit der EU zu bleiben, wenn Grenzkontrollen auf der irischen Insel anders nicht zu verhindern sind. Lehnen die Abgeordneten den Entwurf ab, droht ein Brexit ohne Vertrag. Dann würden Ende März Zölle und Grenzkontrollen eingeführt.

Sie machen Ernst mit dem Austritt: Brexit-Minister Dominic Raab und Arbeitsministerin Esther McVey legten am Donnerstag ihre Ämter nieder. (Foto: AFP, Getty)

May brachte im Parlament auch die Möglichkeit ins Spiel, den Austritt zu stoppen: "Wir können uns entscheiden, ohne Vertrag auszutreten. Wir können riskieren, dass es gar keinen Brexit geben wird. Oder wir können uns entscheiden, einig zu sein und das beste Verhandlungsergebnis zu unterstützen, das möglich war", sagte sie. Jacob Rees-Mogg, ein Vorkämpfer für einen harten Brexit bei den Konservativen, entzog May in einem Brief das Vertrauen. Gehen mindestens 48 solcher Briefe von Parlamentariern bei der Fraktionsführung ein, muss die Fraktion über Mays Zukunft abstimmen. Es gilt als sicher, dass die Premierministerin die Mehrheit hinter sich hätte, aber so ein Schritt würde May trotzdem weiter schwächen.

Aus Sicht der EU hat die Regierungskrise keine unmittelbaren Auswirkungen für den Vertrag. "Unsere Verhandlungspartner sind Theresa May und die britische Regierung", sagte ein Sprecher der EU-Kommission. Die Mitgliedsstaaten werden den Entwurf in den kommenden Tagen prüfen. EU-Ratspräsident Donald Tusk äußerte die Hoffnung, dass es "nicht zu viele Anmerkungen" gebe. Bislang kritisierten etwa Frankreich, Belgien und Dänemark, dass bei einer möglichen Zollunion mit dem Vereinigten Königreich die Frage des Zugangs zu britischen Fischgründen nicht geklärt sei. Spanien wiederum ist mit der erzielten Einigung über den Status der britischen Enklave Gibraltar nicht zufrieden.

EU-Diplomaten gehen aber nicht davon aus, dass das Brexit-Abkommen wegen Einwänden der verbleibenden Mitgliedsstaaten scheitern könnte.

© SZ vom 16.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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