Brexit:Die Furcht, von der Welt abgehängt zu werden

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Benedict Cumberbatch spielt in "Brexit: An Uncivil War" den Chef der Vote-Leave-Kampagne. (Foto: HBO)

Der britische Kulturbetrieb arbeitet sich in Filmen, Serien und Romanen am Austritt aus der EU ab. Nun läuft die Tragikomödie "The uncivil war", die Briten in Gegner und Fans spalten wird.

Von Cathrin Kahlweit, London

War Dominic Cummings ein politisches Genie oder einfach ein skrupelloser Ignorant? Den meisten Kontinentaleuropäern sagt der Name Cummings nichts. Aber Briten, die sich am Brexit abarbeiten, ist der Chef der Vote-Leave-Kampagne vor dem Austrittsreferendum durchaus ein Begriff. Der ehemalige Strategiedirektor der Tory-Führung, den Kollegen als arrogant und zielstrebig bezeichnen, ist der Erfinder des Slogans "Take back control" (Die Kontrolle zurückgewinnen) gewesen - bis heute das Mantra der Brexit-Fans.

Nun kommen Cummings und die Vorgeschichte des EU-Austritts ins Fernsehen. Benedict Cumberbatch, international bekannt unter anderem aus der Serie "Sherlock", spielt im Film den Vote-Leave-Ideologen. Und schon jetzt gilt es bei Channel 4, wo die Tragikomödie "Brexit: The Uncivil War" (der Titel ist ein Wortspiel mit dem Begriff Bürgerkrieg) an diesem Montag ausgestrahlt wird, als sicher, dass der Film die Briten in Fans und Gegner spalten wird.

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Er habe, sagte der Autor James Graham dem Guardian, Cummings weder als Helden noch als Antichrist dargestellt, aber niemand schaue sich diesen Film unvoreingenommen an. Dazu sei die Sache "zu real, zu ernst".

"The Uncivil War" ist nur einer von zahlreichen Filmen und Serien, die sich - komisch oder dokumentarisch - mit dem Jahrhundertthema Großbritanniens auseinandersetzen. Zwei Jahre nach dem Referendum ist die Kulturbranche immer noch in heller Aufregung über eine Entscheidung, die, einer Umfrage beim Künstlerverband The Creative Industries Federation zufolge, 96 Prozent der Mitglieder ablehnen.

Viele Kulturschaffende fürchten Beschwernisse bei ihren Reisen auf den Kontinent, das Ausbleiben von EU-Fördergeldern, weniger Einladungen zu Vorspielen und Vorsprechen außerhalb Großbritanniens, weniger kulturellen Austausch. Musiker, Maler und Schriftsteller starteten Kampagnen für eine Aufrechterhaltung der Reisefreiheit nach dem Brexit. Die Liste der Sorgen und Forderungen ist lang, dahinter steht die Furcht, dass die britische Kulturszene abgehängt werden könnte - nicht nur von Europa, sondern von der ganzen Welt.

Folgerichtig sind auch die meisten Romane und Theaterstücke, die den Brexit zum Thema haben, skeptisch bis düster intoniert. Da gewinnen die Rechtsextremisten die erste Wahl nach dem Austritt, da nehmen Ausländerfeindlichkeit und Rassenhass zu, da geht eine verarmte Mittelklasse auf die Barrikaden, da feiern die Russen ihren Sieg, den sie durch massive Einflussnahme auf die Abstimmung im fernen Königreich eingefahren haben.

Alle Plots nehmen auf, was die politische Debatte in der Realität dominiert. Tatsächlich wird befürchtet, dass es einen massiven Rechtsruck geben könnte, wenn enttäuschte Brexit-Fans nach einer etwaigen Absage oder Verschiebung des EU-Austritts erstmals wählen gehen. Und die Einflussnahme Moskaus auf das erste Referendum 2016 ist mittlerweile belegt. Der Geschäftsmann Arron Banks, der für die Vote-Leave-Kampagne Millionen spendete, hatte im Vorfeld der Abstimmung engen Kontakt zur russischen Botschaft. Wie sagt doch Cumberbatch alias Cummings in "The Uncivil War"? "Jeder weiß, wer gewonnen hat. Aber nicht jeder weiß, wie."

© SZ vom 07.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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