Rassismus:Brasiliens George Floyd

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Proteste nach tödlichem Angriff auf Schwarzen in Sao Paulo: Eine Angestellte versucht ein Feuer zu löschen, das von Demonstranten in einem Carrefour-Supermarkt gelegt wurde. (Foto: dpa)

Nach den riesigen Anti-Rassismus-Protesten in den USA regt sich auch in Brasilien Widerstand. Anlass ist, wieder einmal, der gewaltsame Tod eines Schwarzen.

In mehreren Städten Brasiliens ist es nach der Tötung eines 40-jährigen Schwarzen in einem Supermarkt zu Protesten gekommen. Laut Medienberichten war João Alberto Silveira Freitas am Donnerstagabend (Ortszeit) vor einem Geschäft der französischen Supermarktkette Carrefour von zwei Sicherheitsmännern niedergerungen, brutal geschlagen und gewürgt worden. Der 40-Jährige starb noch am Tatort an seinen Verletzungen.

Der Betreiber des Supermarktes bedauerte den Vorfall und sagte der Familie des Opfers Unterstützung zu. Die Kette kündigte an, den Vertrag mit der Sicherheitsfirma zu beenden, den Filialleiter zu suspendieren und den Supermarkt vorübergehend zu schließen. Nach Angaben der Polizei handelte es sich bei einem der Tatverdächtigen um einen Mitarbeiter der Militärpolizei außer Dienst. Videos der Tat hatten sich am Freitag verbreiteten, dem "Tag des Schwarzen Selbstbewusstseins", einem Feiertag, der an die jahrhundertelange Sklaverei in Brasilien erinnert. Die Tötung erinnert an den Tod von George Floyd im Mai in den USA.

Der Brasilianer Freitas hatte nach bisherigen Informationen mit seiner Frau in dem Supermarkt eingekauft, als es zu einem Streit mit einer Angestellten kam. Zwei Wachmänner führten ihn daraufhin in eine Parkgarage, wo sie auf ihn einprügelten. In den Videos ist zu sehen, wie einer der Wachmänner auf dem am Boden liegenden Opfer kniet. Dabei wurde dem Mann offensichtlich die Luftzufuhr abgeschnitten. Wiederbelebungsversuche vor Ort blieben erfolglos.

Am Freitag kam es zu Protesten in Supermärkten der gleichen Kette, unter anderem in Rio de Janeiro, Brasilia und vor dem Supermarkt in Porto Alegre, in dem die Tat geschah. Auf Transparenten war zu lesen: "Schwarze Leben zählen" und "Rassismus ist ein Virus". In Sao Paulo wurde in einem Supermarkt Feuer gelegt. Zudem gab es in mehreren Städten Demonstrationen gegen Rassismus.

Vize-Präsident: In Brasilien gibt es keinen Rassismus

Richter des Obersten Gerichts verurteilten die Tat als rassistisch motiviert. Brasiliens Vize-Präsident Hamilton Mourao verneinte jedoch gegenüber Medien, dass es sich bei der Tat um einen Akt von Rassismus handele. "In Brasilien gibt es keinen Rassismus", so Mourao.

Brasilien hatte 1888 die Sklaverei verboten. Mehr als die Hälfte der 210 Millionen Brasilianer hat afrikanische Wurzeln. Sie sind häufiger Opfer von Gewalttaten als weiße Brasilianer. So repräsentieren junge Schwarze rund drei Viertel aller Opfer von Tötungsdelikten. Viele Afro-Brasilianer zählen statistisch zu den Armen. Allerdings verneinen viele Brasilianer dass es in ihrem Land Rassismus gibt. Vielmehr gebe es soziale Ungleichheit, die sich in den Gewaltstatistiken widerspiegele.

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