Brandenburg:Linke wendet sich von eigenem Abgeordneten ab

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Gerd-Rüdiger Hoffmann hat jahrelang seine Spitzeldienste für die Stasi verschwiegen. Jetzt soll er sein Mandat im Potsdamer Landtag niederlegen.

Constanze von Bullion

Erst hat er für die Stasi gespitzelt, dann behauptete er, sich an nichts erinnern zu können, jetzt soll er seinen Posten räumen. Gerd-Rüdiger Hoffmann, kulturpolitischer Sprecher der Linkspartei im Potsdamer Landtag, soll sein Mandat niederlegen, forderten Partei- und Fraktionsvorstand der Linken am Montag.

Kann sich an nichts erinnern: Gerd-Rüdiger Hoffmann, kulturpolitischer Sprecher der Linken, hat für die Stasi gearbeitet. (Foto: Foto: ddp)

"Wer überzeugend für Transparenz in der Gesellschaft streiten will, muss sie in den eigenen Reihen praktizieren", sagten Fraktionschefin Kerstin Kaiser und Landeschef Thomas Nord. In der Partei gelte seit 1991 die Pflicht, dass alle Abgeordneten eine Kooperation mit dem Staatssicherheitsdienst selbst offenlegen.

"Aufrichtigkeit und Offenheit des Einzelnen in Bezug auf seine politische Biographie ist eine wesentliche Voraussetzung für die Glaubwürdigkeit unserer gesamten Politik", hieß es in der Erklärung. Hoffmann sei diesem Anspruch "nicht gerecht geworden".

Der Abgeordnete Gerd-Rüdiger Hoffmann, der seit 2004 im Landtag sitzt und vor der Wende Dozent für Afrikawissenschaften an der Universität Leipzig war, hat seit seiner Schulzeit in Senftenberg für die Stasi gearbeitet und während seiner Dienstzeit in einem Wachbataillon am Brandenburger Tor zahlreiche handschriftliche Berichte über Kollegen geliefert. Unter dem Decknamen "Schwalbe" schrieb er, wer heimlich Westsender hörte, wie Kollegen über Republikflucht dachten, wer leistungsfähig war und wer politisch unzuverlässig.

Die Birthler-Behörde hatte der Süddeutschen Zeitung vorige Woche irrtümlich nur einen Teil von Hoffmanns Akte herausgegeben. Wie sich herausstellte, umfasst die gesamte Akte knapp 200 Seiten und enthält auch, woran Hoffmann sich angeblich nicht erinnern konnte: eine handschriftliche Verpflichtung als inoffizieller Stasi-Mitarbeiter vom 5. Juni 1970.

Darin sichert er zu, über "Missstände" in der Schule "mündlich oder schriftlich" zu berichten. Der letzte Eintrag stammt von 1975. In einer Abschlusseinschätzung der Stasi heißt es, "Schwalbe" habe sich "mit Initiative" seinen Aufgaben gewidmet und sei "politisch zuverlässig". Mit Beginn seines Marxismus-Leninismus-Studiums endete die Zusammenarbeit.

Hoffmanns Anwalt, der letzte DDR-Innenminister Peter-Michael Diestel, sagte, aus "verständlichen Gründen" könne sich sein Mandant an Zusammenhänge vor mehr als 40 Jahren nicht "konkret erinnern". Im Gedächtnis geblieben sei ihm nur, dass er "als Jugendlicher von Mitarbeitern der Staatssicherheit der DDR zu Gesprächen bestellt wurde". Die Akten stammen jedoch ganz überwiegend aus einer Zeit, als Hoffmann volljährig war. Diestel betonte, Hoffmann habe seit Ende der DDR "hohes gesellschaftliches Ansehen bewiesen". Sein Mandat als gewählter Abgeordneter werde er "konsequent beibehalten".

SPD-Generalsekretär Klaus Ness sagte, er rechne mit einem Mandatsverzicht von Hoffmann, um die rot-rote Koalition nicht zu belasten. "Der Parteivorstand hat die Notbremse gezogen, jetzt wird der Fraktion nichts anderes übrigbleiben, als ihn auszuschließen", sagte Grünen-Chef Axel Vogel.

© SZ vom 24.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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