Wahl in Berlin:"Boom, mega!"

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Kai Wegner, Spitzenkandidat der Berliner CDU, freut sich am Sonntagabend über ein historisches Wahlergebnis. (Foto: IMAGO/Mike Schmidt)

Der CDU gelingt, was in Berlin lange unmöglich schien: Sie wird stärkste Partei. Spitzenkandidat Kai Wegner kann es kaum glauben. Doch ob er auch Regierender Bürgermeister wird, ist noch nicht klar. Eindrücke aus dem Jubelsturm der Konservativen.

Von Miriam Dahlinger, Berlin

Im ersten Moment hört man auf der Wahlparty der Berliner CDU nichts als Jubelschreie und Applaus. Generalsekretär Stefan Evers ballt beide Hände zur Siegerfaust, Umarmungen, eine junge Frau bricht im vollen Festsaal des Abgeordnetenhauses in Tränen aus. "Wahnsinn!", hört man, "Unglaublich!", "Boom, mega!". Einer sagt: "Endlich, endlich haben wir mal gewonnen."

Nach den letzten Umfragen war ein Sieg der CDU bei den Wiederholungswahlen zwar zu erwarten. Nun ist die kleine Sensation perfekt: Die CDU von Spitzenkandidat Kai Wegner liegt zum ersten Mal seit mehr als zwanzig Jahren vorne. "Ein historischer Abend für die Berliner CDU und die Stadt Berlin", sagt Generalsekretär Stefan Evers. Bei der vergangenen Wahl im September 2021 lagen die Christdemokraten mit 18 Prozent noch hinter SPD und Grünen. Jetzt sieht es so aus, als führe die CDU mit einem Vorsprung von fast zehn Prozentpunkten. Einen CDU-Bürgermeister hat es in der Hauptstadt zuletzt bis 2001 gegeben, das war Eberhard Diepgen.

Ob Wegner als nächster ins Rote Rathaus einzieht, ist trotz des Ergebnisses alles andere als klar. Eines steht um kurz nach 18 Uhr aber fest: Er hat es vor. Auf der Bühne triumphiert der Spitzenkandidat: "Überwältigend. Wahnsinn. Mir fehlen ein Stückweit die Worte." Schnell findet er seine Sprache wieder: "Berlin hat den Wechsel gewählt." Damit hat er die Botschaft des Abends gefunden: "Wir wollen eine erfolgreiche Berlin-Koalition anführen", sagt er, die Partei jubelt.

Wegner will Anwalt der Autofahrer sein und Berlin wieder zum Laufen kriegen

Die Berliner CDU bemühte sich im Wahlkampf um einen neuen (türkisen) Anstrich als moderne Großstadtpartei. Bislang schnitt sie vor allem in den bürgerlichen westlichen Außenbezirken Berlins gut ab, Wegner selbst kommt aus Spandau, einem der westlichen Bezirke. Der 50-Jährige betont gern, dass er der einzige gebürtige Berliner unter den aussichtsreichen Spitzenkandidaten ist. Wegner trat mit 17 der Jungen Union bei, später zog der Versicherungskaufmann ins Abgeordnetenhaus und in den Bundestag ein, ist seit 2019 Landesvorsitzender der Berliner CDU.

"Berlin feiert", jedenfalls der konservative Teil der Stadtbevölkerung: Extase unter CDU-Anhängern am Wahlabend. (Foto: Michele Tantussi/Reuters)

Wegner versprach, zu verändern, was viele in Berlin aufregt: Die Baustellen in der Verkehrspolitik, die Wohnungsnot, das Gefühl mancher, gegen Straftäter werde nicht durchgegriffen, die reformbedürftige Verwaltung. Zwar gilt er als Machtpolitiker mit eher biegsamem Profil, im Wahlkampf gelang es ihm aber vor allem mit den Themen Verkehr und Sicherheit zu mobilisieren. Er profilierte sich als Verteidiger der Autofahrer, und als er nach den Silvesterkrawallen die Vornamen der deutschen Verdächtigen abfragte, erntete er zwar viel Kritik von links, die Umfragewerte der CDU stiegen aber. Mit ihm als Regierendem Bürgermeister, verspricht er, werde Berlin "endlich funktionieren".

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Und trotzdem: Auch als klarer Wahlsieger könnte Wegner am Ende leer ausgehen. Auch Amtsinhaberin Franziska Giffey (SPD) und Bettina Jarasch (Grüne) haben in ihrem Bündnis mit der Linken wieder genügend Sitze für eine Mehrheit zusammenbekommen.

Berlins CDU-Generalsekretär Evers hatte schon vergangene Woche eine Koalition ohne Beteiligung des Wahlsiegers auf Twitter als "Wahl-Klau" bezeichnet. Der bisher letzte CDU-Bürgermeister Eberhard Diepgen hatte im Falle eines Wahlsieges seiner Partei eine Duldung der SPD mit Giffey als Bürgermeisterin vorgeschlagen. Das lehnt Wegner bisher ab.

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