Am Anfang konnte er das Ende noch sehen. Glaubte er. "Hup für die Freiheit von Belarus", schrieb er auf ein Plakat. Am 8. September 2020 war das. Damit stellte er sich an die große Ausfallstraße am Treptower Park. Ungefähr da, wo die Autos vorbeirauschen am sowjetischen Ehrenmal, das den Soldaten der Roten Armee "ewigen Ruhm" verheißt. Und ja, erinnert sich Taras Siakerka, "viele haben gehupt". Es war noch warm damals. Die Fenster in dem ockerfarbenen Ziegelsteinbau auf der anderen Straßenseite waren meistens geöffnet, auch das zweite oben rechts, wo der Botschafter von Alexander Lukaschenko sein Büro hat. "Er hat das gut gehört", sagt Siakerka, und, da ist er sich sicher, das hat ihn geärgert. Das Hupen war ja der Soundtrack der belarussischen Revolution, von der Siakerka im September noch glaubte, dass sie schon so gut wie gewonnen ist. "Ein paar Wochen noch, mehr nicht", dachte er. So lange wollte er kommen. Tag für Tag.
Berlin:Neue Heimat Berlin
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Die Hauptstadt ist immer wieder Zufluchtsort für Regimekritiker aus dem Osten. Doch wo die einen Freiheit finden, bleiben die anderen im Ungewissen. Notizen aus dem Warteraum.
Von Daniel Brössler
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