Bericht von Human Rights Watch:Folter bleibt in chinesischen Gefängnissen an der Tagesordnung

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  • In chinesischen Gefängnissen gehören Folter und Misshandlungen zur Tagesordnung. Das geht aus einem aktuellen Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hervor.
  • Mit Hilfe der Misshandlungen würden Geständnisse erpresst, die dann vor Gericht verwendet werden.
  • In China werden nahezu alle Angeklagten verurteilt. Für gefolterte Häftlinge gibt es kaum eine Möglichkeit gegen ihre Peiniger vorzugehen.

Von der Polizei vertuscht, von Richtern ignoriert

Folter und Misshandlungen sind bei der chinesischen Polizei nach Angaben von Human Rights Watch (HRW) immer noch weit verbreitet. Obwohl die Regierung in Peking zugesagt habe, falsche und erzwungene Geständnisse zu bekämpfen, würden die Misshandlungen immer noch von der Polizei vertuscht und von Richtern und Staatsanwälten ignoriert, heißt es in einem aktuellen Bericht der Menschenrechtsorganisation.

Foltervorwürfe würden in der Regel nicht strafrechtlich verfolgt. Polizeiverhöre, die auf Video aufgezeichnet werden, werden dem Bericht zufolge oft so manipuliert, dass die Geständnisse zu sehen sind, die Misshandlungen aber nicht. Die Polizei wende zudem Foltermethoden an, die keine äußeren Spuren hinterließen. In den Gefängnissen würden die Häftlinge außerdem von sogenannten Zellenbossen schikaniert: anderen Häftlingen, die für die Polizei die Gefängnisse kontrollieren.

An den Handgelenken aufgehängt, von Zellenbossen terrorisiert

Verdächtige werden dem Bericht zufolge häufig tagelang auf Metallstühlen, auch "Tiger Chairs" genannt, festgeschnallt. Sie dürfen nicht essen und nicht schlafen. "Wir haben schreckliche Geschichten von Häftlingen gehört, die an den Handgelenken aufgehängt wurden, jahrelang gefesselt waren und von Zellenbossen terrorisiert wurden", sagte die HRW-Direktorin für China, Sophie Richardson, vor Journalisten in Hongkong. Die Opfer hätten zudem so gut wie keine Möglichkeit, "ihre Peiniger zur Verantwortung zu ziehen".

Fast 100 Prozent werden verurteilt

Einen Grund für die Folterungen sieht HRW in der Erwartung an chinesische Polizisten, von Verdächtigen Geständnisse zu erreichen, "um eine Verurteilung sicherzustellen". Für ihren Bericht hatte die Organisation mehr als 400 Gerichtsurteile ausgewertet und fast 50 Häftlinge, Angehörige, Anwälte und frühere Behördenmitarbeiter befragt. Foltervorwürfe wurden demnach nur in einem der 432 Urteile ausdrücklich erwähnt, in 23 Prozessen wurden zumindest umstrittene Beweise nicht verwertet. Freisprüche gab es keine.

In China gibt es generell nur selten Freisprüche, nach offiziellen Statistiken werden fast hundert Prozent der Angeklagten verurteilt. Die Menschenrechtsorganisation stieß bei ihren Recherchen zudem nur auf ein Strafverfahren wegen Foltervorwürfen gegen drei Polizisten. Zu einer Haftstrafe wurde keiner von ihnen verurteilt.

© Süddeutsche.de/AFP/sks - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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