Diskriminierte Migranten, vernachlässigte Kinder, kaum Sozialleistungen für Asylsuchende und menschenunwürdige Bedingungen in Pflegeheimen: Die Vereinten Nationen gehen mit der sozialen Lage in Deutschland hart ins Gericht.
Wie der Tagesspiegel unter Berufung auf einen Bericht des UN-Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte meldet, seien die Vereinten Nationen "tief besorgt" darüber, dass viele seiner früheren Empfehlungen von der Bundesrepublik nicht umgesetzt worden seien.
Ohne Frühstück in die Schule
Einer der brisantesten Vorwürfe laute, dass jeder vierte Schüler ohne Frühstück zur Schule gehe. Nachdrücklich forderten die UN laut Tagesspiegel "konkrete Maßnahmen", damit "Kinder, besonders aus armen Familien, richtige Mahlzeiten erhalten".
Kritisiert wurden zudem viele Ungerechtigkeiten auf dem deutschen Arbeitsmarkt und im Gesundheits- und Sozialwesen. Migranten etwa sähen sich nach wie vor großen Einschränkungen ihrer Rechte auf Bildung und Beschäftigung gegenüber, berichtet die Zeitung.
Asylsuchenden würden sogar ausreichende Sozialleistungen versagt, dabei müssten sie "im Einklang mit internationalen Normen" den gleichberechtigten Zugang zu beitragsunabhängigen sozialen Sicherungssystemen, zur Gesundheitsversorgung und zum Arbeitsmarkt bekommen.
Besorgt sei das UN-Gremium auch, dass "ungeachtet der Maßnahmen zur Verringerung dieser Kluft" die Arbeitslosigkeit im Osten immer noch doppelt so hoch sei wie im Westen. Beim Zugang zu Jobs sehen die Vereinten Nationen Frauen wegen "klischeehafter Vorstellungen der Geschlechterrollen" benachteiligt.
Zugleich wird kritisiert, dass die Grundsicherung von Hartz-IV-Empfängern "keinen angemessenen Lebensstandard" gewähre. Erheblich ausgebaut werden müssten Angebote für Kinder, Behinderte, Ältere und Kranke. In Pflegeheimen, heißt es, würden viele Bewohner "in menschenunwürdigen Bedingungen leben".
Mit Besorgnis vermerken die UN, dass Angaben der Bundesregierung zufolge 13 Prozent der Deutschen unter der Armutsgrenze leben.
Positiv hervorgehoben werde in dem Bericht der UN, dass die Arbeitsmarktreformen den niedrigsten Stand der Arbeitslosen in den vergangenen 20 Jahren ermöglicht hätten.
Sozialministerium weist Vorwürfe zurück
Das Sozialministerium hat die Vorwürfe der Vereinten Nationen inzwischen zurückgewiesen. "Die Kritik im vorläufigen Bericht des UN-Unterausschusses ist in weiten Teilen nicht nachvollziehbar und auch nicht durch wissenschaftliche Fakten belegt", sagte eine Sprecherin. Deutschland habe in den vergangenen Jahren auch im Sozialbereich eine positive Entwicklung gemacht, die weltweit hoch anerkannt sei.
Das Rentensystem sei demographiefest, Kinderbetreuung und Ganztagsschulen würden ausgebaut, das Bildungspaket der Bundesregierung entfalte seine Wirkung. "Es ist schade, dass der UN-Unterausschuss nahezu keine Fakten aus der umfangreichen Stellungnahme der Bundesregierung im Bericht berücksichtigt hat", kritisierte die Sprecherin.