UN-Konferenz zur Bekämpfung von Armut:Millenniumsziele in weiter Ferne

Vor zehn Jahren verabschiedeten die UN ein ambitioniertes Programm zur Armutsbekämpfung, das bis 2015 umgesetzt werden soll. Bis dato fällt der Erfolg bescheiden aus. Ein Faktencheck in Bildern.

Judith Raupp

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"Wir müssen jetzt schon darüber nachdenken, was die Internationale Gemeinschaft nach 2015 besser machen sollte", sagt Peter Runge, Experte für Entwicklungspolitik bei der Hilfsorganisation Care. Eine "ehrliche Bilanz" hätte er sich gewünscht, wenn von diesem Montag bis Mittwoch 150 Staats- und Regierungschefs in New York über die Armut in der Welt diskutieren. Herausgekommen seien in dem vorläufigen Abschlussdokument des UN-Gipfels aber nur "schöne Worte", urteilen fast alle Hilfsorganisationen. Runge vermisst "einen verbindlichen Aktionsplan, wie die Millenniumsziele noch zu erreichen sind". Diese Ziele hatte die Vollversammlung der Vereinten Nationen im Jahr 2000 verabschiedet. 189 Staaten verpflichteten sich damals, den Menschen in armen Ländern bis 2015 ein besseres Leben zu ermöglichen, als sie es im Jahr 1990 führen konnten. Zehn Jahre nach dem Bekenntnis zu den acht Millenniumszielen fällt der Erfolg bescheiden aus. Extreme Armut und Hunger beseitigen: Von 1990 bis 2005 sank die Zahl jener, die von weniger als 1,25 Dollar, also unter der UN-Armutsgrenze, leben mussten von 1,8 Milliarden Menschen auf 1,4 Milliarden. Dazu trug vor allem der wirtschaftliche Aufstieg Chinas bei. In Afrika südlich der Sahara lebt aber nach wie vor gut die Hälfte der Bevölkerung von Mini-Einkommen. Die Zahl der Hungernden stieg vor einem Jahr weltweit auf mehr als eine Milliarde, weil die Lebensmittel so teuer geworden waren, dass die Armen sie sich nicht mehr leisten konnten. In diesem Jahr hungern 925 Millionen Menschen.

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Grundschulausbildung für alle Kinder: 2008 wurden in armen Ländern 89 Prozent der Kinder eingeschult, 2000 waren es 83 Prozent. In Afrika stieg der Anteil um 16 Prozentpunkte auf 74 Prozent. Diese Zahlen allein sind aber keine Erfolgsgarantie. Oft besuchen die Kinder die Schule unregelmäßig, weil sie bei der Ernte helfen müssen. Auch die Qualität des Unterrichts lässt in manchen Ländern zu wünschen übrig. 100 Millionen Kinder gehen gar nicht zur Schule.

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Gleichstellung der Geschlechter: In vielen Ländern werden Jungen stärker gefördert als Mädchen. Dabei wollten die UN bereits 2005 erreicht haben, dass Mädchen genauso wie Jungen in die Grundschule können. Derzeit kommen in armen Ländern auf 100 Schüler 96 Mädchen. Weiterführende Schulen dürfen Mädchen seltener besuchen. Auch auf politischer Ebene sind Frauen unterrepräsentiert. Sie besetzen durchschnittlich 11 Prozent der Parlamentssitze. In den reichen Staaten sind es allerdings auch nur 17 Prozent.

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Kindersterblichkeit: Sie soll um zwei Drittel sinken. 2008 starben in armen Ländern von 1000 Kindern unter fünf Jahren 72. Im Jahr 1990 waren es 99. Der bisherige Rückgang um 27 Prozent ist noch weit von der Zielmarke entfernt.

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Müttergesundheit: Die Sterblichkeitsrate werdender Mütter soll um Dreiviertel reduziert werden. Alle Schwangeren sollen medizinisch betreut werden. 450 von 100000 Frauen sterben in armen Ländern, während sie ein Kind zur Welt bringen. Die Situation hat sich seit 1990 kaum verbessert. 40 Prozent der Frauen gebären ohne ärztlichen Beistand, 1990 waren es 47 Prozent. Ein Fünftel kann sich während der Schwangerschaft nicht untersuchen lassen, 1990 waren es 35 Prozent.

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Kampf gegen Aids und Malaria: Bis 2015 soll die Ausbreitung der Krankheiten gestoppt werden und alle Aidskranken sollen Medikamente bekommen. Es stecken sich nun weniger Menschen mit dem Virus an als Mitte der neunziger Jahre, außer in Osteuropa und Zentralasien. Dort steigt die Zahl der Neuinfektionen. 72 Prozent der weltweit 33 Millionen Aidskranken leben in Afrika südlich der Sahara. 60 Prozent von ihnen sind nicht in Behandlung. Jedes Jahr sterben eine Million Menschen an Malaria.

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Umweltschutz: Die Zahl der Menschen, die kein sauberes Trinkwasser und keine Sanitäranlagen zur Verfügung hat, soll halbiert, Ressourcen und Klima sollen geschont werden. 2006 lebten 2,5 Milliarden Menschen unter erbärmlichen hygienischen Umständen. 1990 waren es noch eine Milliarde mehr. In Afrika verfügt nur 60 Prozent der Bevölkerung über sauberes Wasser. Die Bemühungen um weltweiten Umweltschutz haben beim Klimagipfel in Kopenhagen einen Rückschlag erlitten.

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Partnerschaft: Die reichen Länder verpflichteten sich, ihre Finanzzusagen zu halten. Das weltweite Finanz- und Handelssystem soll Entwicklungsländer nicht mehr benachteiligen, Schulden sollen erlassen werden. Seit der Finanz- und Wirtschaftskrise halten die reichen Länder ihre Geldversprechen aber noch weniger ein als zuvor. Die Handelspolitik der Industriestaaten schadet den Entwicklungsländern. Beim Schuldenerlass gibt es indessen Fortschritte. 35 Ländern wurden 57 Milliarden Dollar Schulden erlassen.

© SZ vom 20.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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