Zwangslandung in Belarus:Lukaschenko: "Ich habe rechtmäßig gehandelt"

Lesezeit: 2 min

Alexander Lukaschenko verteidigt vor dem Parlament in Minsk die erzwungene Landung eines Passagierflugzeugs in Belarus. (Foto: Sergei Shelega/dpa)

Nach der erzwungenen Landung des Ryanair-Flugzeugs weist der belarussische Machthaber jede Kritik von sich. Den festgenommenen Blogger Protassewitsch beleidigt er.

Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko verteidigt die Zwangslandung des Flugzeugs am vergangenen Sonntag. "Ich habe rechtmäßig gehandelt, indem ich die Menschen geschützt habe - nach allen internationalen Regeln", sagte er am Mittwoch im Parlament in Minsk, wie das Staatsfernsehen berichtet. Er behauptete, Belarus habe aus der Schweiz die Information bekommen, dass sich ein Sprengsatz an Bord des Flugzeugs befinde.

Kritiker werfen Lukaschenko einen gefährlichen Eingriff in den Luftverkehr vor. Die EU hat wegen der Aktion neue Sanktionen gegen den Machtapparat in Belarus auf den Weg gebracht. Dazu gehört auch ein Flugverbot für Fluggesellschaften der Ex-Sowjetrepublik. Zudem hat die Journalistenorganisation "Reporter ohne Grenzen" Strafanzeige gegen Lukaschenko beim litauischen Generalstaatsanwalt gestellt. Vorwurf ist die "Entführung eines Flugzeugs mit krimineller Absicht".

SZ JetztBelarus
:"Es gibt jetzt keinen Ort mehr, wo man noch sicher ist"

Die Festnahme von Roman Protassewitsch macht jungen Belarussen Angst - doch sie protestieren weiter. Zwei Aktivistinnen erzählen, warum sie jetzt ihr ganzes Leben ändern müssen.

Von Astrid Benölken und Tobias Zuttmann

"Dass die Maschine mit einem Kampfjet vom Typ MiG-29 zur Landung gezwungen wurde, ist eine absolute Lüge!", sagte Lukaschenko. Belarus habe aus Sicherheitsgründen gehandelt, weil das Flugzeug über das Atomkraftwerk des Landes geflogen sei. Mit der Kritik am belarussischen Vorgehen würden "rote Linien überschritten". Belarus nicht wohl gesonnene Menschen hätten die Absicht, das Land zu erwürgen.

Den regierungskritischen Blogger Roman Protassewitsch, welcher an Bord der Maschine war und am Boden festgenommen wurde, bezeichnet der Präsident als "Terroristen". Der 26-Jährige und seine Helfer hätten einen "blutigen Aufstand" in Belarus geplant. Das sei über die Grenze von Belarus hinaus bekannt gewesen, meinte Lukaschenko mit Blick auf Russland. Er warf Protassewitsch und seiner Freundin Sofia Sapega vor, im Sold westlicher Geheimdienste zu stehen. Sapega hatte in einem Video eingeräumt, Daten von Sicherheitskräften im Nachrichtenkanal Telegram veröffentlicht zu haben. Protassewitsch hatte als Mitbegründer des oppositionellen Telegram-Kanals Nexta (Nechta) stets zu friedlichen Protesten gegen Lukaschenko aufgerufen.

Darüber hinaus behauptet Lukaschenko, Protassewitsch habe in der Ostukraine für die Regierung in Kiew gekämpft: "Er hat viel Erfahrung als Söldner." Der Journalist hatte zwar 2014 als Reporter aus der Ukraine berichtet, wo damals im Osten der Krieg zwischen prorussischen Kräften und der Zentralregierung begann. Kampfhandlungen sind ihm aber nicht nachgewiesen.

Der Präsident beschimpft Protassewitsch als "Dreckschwein"

Lukaschenko aber schlägt einen rauen Ton an: "Dieses Dreckschwein hat im Südosten der Ukraine Menschen getötet. Diese Fakten sind nicht nur bei uns, sondern auch bei unserem Bruderstaat Russland bekannt - und in der ganzen Welt." Der 26-Jährige Protassewitsch ist unter anderem wegen angeblicher Organisation von Massenunruhen in Minsk in Untersuchungshaft. Seine Zukunft ist ungewiss. In Belarus steht auf sehr schwere Verbrechen die Todesstrafe, die auch noch vollstreckt wird.

Die Ryanair-Passagiermaschine war auf dem Weg von Athen in die litauische Hauptstadt Vilnius mit Hilfe eines Kampfjets zu einer Zwischenlandung in Minsk gezwungen worden. Grund für die unfreiwillige Landung war eine angebliche Bombendrohung an Bord der Maschine, die sich am Boden aber als Fehlalarm herausstellte.

© SZ/dpa/Reuters/jbee - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusBelarus
:Nicht die Worte seines Sohns

Nach seiner Festnahme meldet sich Roman Protassewitsch mit einem Video - und einem Geständnis. Wie glaubwürdig ist das, was man da sieht? Über ein Regime, das vor kaum etwas zurückschreckt und die Frage, warum es nun gerade einen 26-jährigen Blogger trifft.

Von Silke Bigalke

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: