Beamte wechseln zu von der Leyen:Köhler verliert Experten

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Aderlaß zugunsten der Amtsvorgängerin: Die neue Familienministerin muss verkraften, dass wichtige Beamte ihres Ressorts zu Arbeitsministerin Ursula von der Leyen abwandern.

Felix Berth

Die neue Familienministerin Kristina Köhler (CDU) muss den Verlust wichtigen Sachverstands an der Spitze ihres Ministeriums hinnehmen: Zwei ihrer bedeutsamsten politischen Beamten, die Abteilungsleiter Malte Ristau und Annette Niederfranke, folgen ihrer ehemaligen Chefin Ursula von der Leyen (CDU) ins Arbeitsministerium.

Die neue Ministerin und ihre Vorgängerin: Kristina Köhler und Ursula von der Leyen, hier am Tag ihrer Ernennung durch den Bundespräsidenten (Foto: Foto: ddp)

Offenbar will die ehemalige Familienministerin ihr altes Thema nicht aufgeben. Schon in den vergangenen Tagen signalisierte von der Leyen in mehreren Interviews, dass sie sich auch als Arbeitsministerin mit der Lage der Alleinerziehenden, dem Thema der Kinderarmut und den Berufsperspektiven junger Mütter beschäftigen will.

Für Kristina Köhler, die vor ihrer Berufung zur Ministerin noch keine Erfahrungen in der Familienpolitik gemacht hatte, sind die Wechsel an der Spitze ihres Hauses unangenehm: Die Chefposten der beiden wichtigsten Abteilungen - Familie sowie Kinder und Jugend - sind von Februar an unbesetzt; die drei verbleibenden Abteilungsleiter beschäftigen sich mit den intern als weniger bedeutsam erachteten Themen "Ältere Menschen", "Gleichstellung" und mit der Verwaltung des Hauses.

Malte Ristau und Annette Niederfranke sind die beiden Beamten, die die wichtigsten familienpolitischen Gesetzesvorhaben der vergangenen Jahre vorbereitet haben. Der Sozialdemokrat Ristau, den noch SPD-Familienministerin Renate Schmidt ins Ministerium geholt hatte, konzipierte das Elterngeld und warb für den Ausbau der Kinderkrippen.

Niederfranke war für das - letztlich gescheiterte - Kinderschutzgesetz zuständig. Beide zählen zu den engen Vertrauten Ursula von der Leyens und sind politische Beamte, die von großem Gestaltungswillen angetrieben werden. Offenbar hoffen sie, dass ihre Möglichkeiten im Arbeitsministerium größer sein werden als im Familienministerium.

Ehrgeiziger Sozialfachmann

Thematisch soll sich an den Zuständigkeiten von Arbeits- und Familienministerium in Zukunft nichts ändern. Allerdings hat die Abgrenzung der Ressorts nur begrenzt Einfluss auf die Wahrnehmung der Chefinnen in der Öffentlichkeit: Ursula von der Leyen hat in der vergangenen Legislaturperiode wiederholt demonstriert, dass sie sich auch ohne formale Zuständigkeit zu einzelnen Themen äußert - zum Beispiel beim Ausbau der Kinderkrippen oder bei einem kurzen Versuch, das Steuersystem familienfreundlicher zu gestalten.

Weil sie diese Freude an der Positionierung wohl nicht im Familienministerium zurückgelassen hat, ist denkbar, dass die Öffentlichkeit sie weiterhin als die Politikerin wahrnimmt, die bei Familienthemen die Haltung der Bundesregierung am prägnantesten formuliert.

Im Familienministerium sollen noch in dieser Woche Kandidaten für die Nachfolge der beiden abgewanderten Spitzenbeamten vorsprechen. Köhler steht dabei ein Staatssekretär zur Seite, der sich in der Familienpolitik ebenfalls erst einarbeiten muss: Josef Hecken, ehemaliger Minister für Justiz, Gesundheit und Soziales im Saarland, wurde ins Familienministerium berufen, weil Ursula von der Leyen auch ihren früheren Staatssekretär ins Arbeitsministerium mitgenommen hatte.

Der 50-jährige CDU-Politiker Hecken gilt als versierter Sozialfachmann, der sich schnell fachlich orientieren dürfte. Allerdings erzählt man sich im Familienministerium, dass er vielleicht gar nicht lange auf dem Posten bleiben wolle: Im Saarland hatte Hecken auch als Staatssekretär angefangen - und nach wenigen Jahren die Ministerin abgelöst.

© SZ vom 12.01.2010/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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