Asylpolitik:"Klage nicht auf ewig vom Tisch"

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Horst Seehofer behält sich eine Verfassungsklage gegen die Flüchtlingspolitik weiterhin vor. (Foto: dpa)

Er klagt vorerst nicht, doch ganz gibt Horst Seehofer dieses Druckmittel nicht aus der Hand.

Von Nico Fried und Wolfgang Wittl, Berlin/München

Trotz der Zusage der Bundesregierung, die Grenzkontrollen zu Österreich um weitere sechs Monate verlängern zu wollen, wird Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer die mögliche Verfassungsklage gegen den Bund vorerst nicht fallen lassen. Die Entscheidung darüber werde frühestens am kommenden Dienstag in der Sitzung des Kabinetts in München fallen, sagte der CSU-Chef am Montag vor einer Vorstandssitzung seiner Partei. Die Situation habe sich zwar entspannt, doch klar sei auch, "dass eine Klage jetzt nicht auf ewig vom Tisch ist", sagte Seehofer. Die Klageschrift sei fertig und umfasse 170 Seiten. "Juristisch gibt es für eine Klage viele gute Gründe", sagte Seehofer. Damit widersprach er seinem Justizminister Winfried Bausback, der in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gesagt hatte, Bayern verzichte auf die Klage.

In der CSU-Vorstandssitzung sei die Verlängerung der Grenzkontrollen mit "grimmiger Genugtuung" aufgenommen worden, berichteten Teilnehmer. Laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann kamen am Sonntag 110 Flüchtlinge in Bayern an. Diese Situation gelte es zu stabilisieren, sagte Seehofer. Herrmann werde sich deshalb Anfang nächster Woche mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Kanzleramtsminister Peter Altmaier (beide CDU) beraten und die Ergebnisse dem bayerischen Kabinett vortragen. Dass die Klagedrohung dann endgültig zurückgezogen wird, gilt in der CSU als unwahrscheinlich. Seehofer werde dieses Druckmittel nach Einschätzung von Vorstandsmitgliedern nicht aus der Hand geben.

Derzeit werden nur etwa fünf der rund 60 Grenzübergänge von der Polizei kontrolliert

Ein wesentliches Anliegen der CSU lautet, die Grenzübergänge zu Österreich künftig wieder besser zu überwachen - möglicherweise sogar in Kooperation zwischen der Bundespolizei und bayerischen Schleierfahndern. Derzeit werden nur etwa fünf von mehr als 60 Übergängen kontrolliert. Seehofer betonte, der Konsultationsprozess sei mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) abgesprochen.

Das Bundesinnenministerium bestätigte grundsätzlich die geplanten Gespräche mit der bayerischen Staatsregierung. Man habe ein Interesse daran, die Thematik der Kontrollen mit dem von den Grenzübertritten der Flüchtlinge besonders betroffenen Bundesland Bayern zu erörtern, sagte ein Sprecher. Zu den Forderungen aus München, die Zahl der überwachten Grenzübergänge zu erhöhen, wollte sich das Ministerium nicht äußern. Es gebe hier noch keine abschließende Positionierung, hieß es. Über den genauen Kräfteeinsatz bei einer Verlängerung der Kontrollen könne man noch keine Angaben machen.

Formale Voraussetzung für eine Verlängerung der Grenzkontrollen ist die Zustimmung der Europäischen Kommission. Ein entsprechendes Gesuch von Bundesinnenminister Thomas de Maizière und seinen Kollegen aus Österreich, Frankreich, Schweden und Dänemark wurde am Montagnachmittag nach Brüssel geschickt. Die belgische Regierung beteiligt sich entgegen ihrer ursprünglichen Absicht nicht an dem Antrag. Offenbar wurde von der Kommission in informellen Gesprächen signalisiert, dass die Bedingungen für die Genehmigung von Kontrollen dort nicht gegeben seien.

© SZ vom 03.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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