Assad unter Druck:Deserteure greifen syrische Armee an

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Der militärische und politische Druck auf Syriens umstrittenen Präsident Assad wird größer: Rebellen attackierten nördlich von Damaskus einen Stützpunkt des Luftwaffen-Geheimdienstes. Die Arabische Liga gab die Suspendierung Syriens bekannt - und drohte mit wirtschaftlichen Sanktionen.

Sonja Zekri

Syriens Präsident Baschar al-Assad gerät nicht nur politisch, sondern auch militärisch unter Druck. Während die Arabische Liga am Mittwochabend nach einem Treffen in Rabat bekanntgab, dass Syriens Mitgliedschaft mit sofortiger Wirkung suspendiert sei, wird der Kampf um die Macht in Damaskus zusehends mit Waffen ausgetragen. Am frühen Mittwochmorgen griffen Deserteure der "Freien Syrischen Armee" nach eigenen Angaben einen Geheimdienststützpunkt in Harasta im Norden der syrischen Hauptstadt an. Die Angreifer beschossen das Anwesen des Luftwaffen-Geheimdienstes mit schultergestützten Raketen und Granatwerfern.

Syrische Demonstranten protestieren vor dem Gebäude der Arabischen Liga in Kairo gegen den syrischen Präsidenten Assad. (Foto: AP)

Anwohnern zufolge kreisten Hubschrauber über dem Gebiet, Explosionen und Maschinengewehrschüsse seien zu hören gewesen. Der syrische Aktivist Kareen Lailah schreibt in seinem Blog, die Luftwaffenabteilung sei der "schlimmste" Folterkeller für Gefangene. Agenturen melden, das Gebäude mit Inhaftierten auf dem Gelände sei bewusst nicht angegriffen worden. Stattdessen attackierte die Freie Syrische Armee Stützpunkte in den Vierteln Duma, Kabun, Arabeen und Sakba der Hauptstadt.

Die Überläufergruppe wird offenbar von Flüchtlingslagern in der Türkei gesteuert, wo desertierte Generale Zuflucht gefunden haben. Angaben über ihre Größe - sie selbst spricht von bis zu 15 000 Mann - oder ihre Waffen sind kaum zu überprüfen, da das Regime in Damaskus keine unabhängigen Recherchen erlaubt. Die Angriffe am Mittwoch sind der bislang größte militärische Erfolg der bewaffneten Gegner von Assad. Gleichzeitig berichteten offizielle Medien von konfiszierten Satellitentelefonen und Internetempfängern, mit denen "bewaffnete terroristische Gruppen" und "umstürzlerische und hetzerische Fernsehsender" wie BBC, al-Dschasira oder France 24 kommunizierten.

Der erwartete Ausschluss Syriens aus der Arabischen Liga hatte indes Tausende Assad-Anhänger mit Fahnen und Fotos des Präsidenten auf die Straße gebracht. Vor allem auf Druck Saudi-Arabiens und Katars, das derzeit den Vorsitz der Liga innehat, hatte die Organisation Syrien am Samstag mit dem Ausschluss binnen vier Tagen gedroht, sollte das Blutvergießen nicht enden. Seitdem hat die Gewalt aber eher zugenommen. Mit mehr als 300 Toten war der November nach Angaben von Aktivisten der bislang schlimmste Monat seit Ausbruch des Aufstands. So war auch die Entscheidung der Liga am Abend eine konsequente Folge der zuvor geäußerten Drohung.

Zwar hatte Damaskus auf die - mit der Arabischen Liga im Friedensplan verabredete - Freilassung von Gefangenen verwiesen. Demnach wurden bislang mehr als 1000 Häftlinge entlassen, darunter der bekannte Anwalt Kamal Labwani, der nach der Hälfte einer 15-jährigen Haftstrafe freikam. Zudem versprach Assad Steuererleichterungen. Doch seine Gegner überzeugt das nicht.

Die Suspendierung Syriens aus der Arabischen Liga ist nach Ägypten 1979 und Libyen Anfang 2011 der dritte Fall, in dem die Liga ein Mitglied vorübergehend ausschließt. Um weitere Verhandlungsmöglichkeiten zu wahren, sprachen die arabischen Staaten ein neues Ultimatum aus: Syrien müsse binnen drei Tage die Gewalt gegen friedliche Demonstranten beenden und arabische Beobachter ins Land lassen, andernfalls werde die Arabische Liga Wirtschaftssanktionen verhängen, sagte der katarische Außenminister, Scheich Hamad bin Dschasim al-Thani am Mittwochabend.

© SZ vom 17.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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