Die CDU ist eine internetfreundliche Partei, einerseits. Sie pflegt einen aufwendigen Internetauftritt. Viele CDU-Politiker sind bei Facebook angemeldet. Peter Altmaier, Parlamentarischer Geschäftsführer der Union im Bundestag, hat mehr als 7000 Follower bei Twitter. Beim Bundesparteitag im November in Leipzig gab es auf Altmaiers Einladung ein Netz- und Twitter-Treffen. Das Netz werde immer wichtiger, sagte Altmaier damals: "Wir denken nicht daran, diese Entwicklung den Grünen und den Piraten zu überlassen."
Anderseits gibt es in der Union Politiker wie Ansgar Heveling. Der Bundestagsabgeordnete aus Korschenbroich bei Mönchengladbach hat eine weniger freundliche Auffassung vom Internet. Oder gar eine feindliche? "Liebe 'Netzgemeinde', ihr werdet den Kampf verlieren", schreibt der Politiker in einem Beitrag für das Handelsblatt. "Das Web 2.0 wird bald Geschichte sein. Es stellt sich nur die Frage, wie viel digitales Blut bis dahin vergossen wird."
In seinem Gastkommentar zeichnet Heveling, der für die Union in der Enquete-Kommission Internet und Digitale Gesellschaft sitzt, die düstere Vision eines Krieges um die "Werte im Netz" und ruft die "Bürger" zur Verteidigung auf. "Die mediale Schlachtordnung der letzten Tage erweckt den Eindruck, wir seien im dritten Teil von 'Der Herr der digitalen Ringe' angekommen, und der Endkampf um Mittelerde stehe bevor", schreibt Heveling. Das sei die Gelegenheit, "schon jetzt einen vorgezogenen Nachruf auf die Helden von Bits und Bytes, die Kämpfer von 0 und 1 zu formulieren."
Weiter heißt es: "Wenn wir nicht wollen, dass sich nach dem Abzug der digitalen Horden und des Schlachtennebels nur noch die ruinenhaften Stümpfe unserer Gesellschaft in die Sonne recken und wir auf die verbrannte Erde unserer Kultur schauen müssen, dann heißt es, jetzt wachsam zu sein. Also, Bürger, auf zur Wacht! Es lohnt sich, unsere bürgerliche Gesellschaft auch im Netz zu verteidigen!"
Im Gespräch mit der SZ nennt Heveling seinen Gastkommentar einen "prononcierten Diskursbeitrag", der nötig gewesen sein, um "einen echten Diskurs über Urheberrechtsfragen" zu intensivieren. Die bisherige Diskussion sei "einseitig und beengt", kritisiert Heveling: "Man muss die unterschiedlichen Seiten sehen."
Nicht das Internet selbst werde verschwinden, präzisiert Heveling, "aber die Geisteshaltung, die hinter dem Web 2.0 steht, wird meiner Meinung nach bald abgelöst werden." Auf die Nachfrage, welche Geisteshaltung gemeint sei, sagt der Politiker: "Das Web 2.0 taugt nicht für Lebensentwürfe."
Es ist nicht das erste Mal, dass der Politiker derart netzkritisch in Erscheinung tritt. Gemeinsam mit Günter Krings, dem stellvertretenden Fraktionschef der CDU im Bundestag, hatte der Politiker am 25. Januar eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der er sich für die amerikanische SOPA-Gesetzesinitiative ausgesprochen hatte. Der "Stop Online Piracy Act" sieht bei Verstößen gegen das Urheberrecht unter anderem Netzsperren vor und wird deshalb von vielen Politikern und Netzaktivisten abgelehnt. Mehrere Unionspolitiker distanzierten sich von der Pressemitteilung.