Anschläge der radikalen Sekte Boko Haram:Islamischer Sektenchef terrorisiert Nigeria

Lesezeit: 2 min

"Nicht wir tun dies, sondern Gott." Mit diesen Worten rechtfertigt Boko-Haram-Führer Abubakar Shekau die Anschläge in Nigeria , bei denen die radikalislamische Sekte in den vergangenen Monaten Hunderte Menschen getötet hat. Shekau ist Afrikas Top-Terrorist. Mit seinem außerordentlich brutalen Vorgehen vor allem gegen Christen bedroht er die Stabilität des gesamten Landes. Dabei hatte ihn der Staat einst schon für tot erklärt.

Arne Perras

Der Staat hatte den gefährlichen Feind schon für tot erklärt. Aber dann tauchte er überraschend wieder auf - und mit ihm das Grauen, das den westafrikanischen Staat Nigeria nun immer wieder überfällt: Abubakar Shekau ist Afrikas Top-Terrorist, er führt die radikal-islamische Sekte Boko Haram, deren Kämpfer allein in den vergangenen Monaten mehrere hundert Menschen bei Anschlägen getötet haben: Christen und Muslime, nigerianische Polizisten und UN-Mitarbeiter. Wann immer der religiöse Lehrer Shekau mit Gewalt droht, macht er sie auch wahr.

Abubakar Shekau spricht in einer Videobotschaft zu Nigerias Präsident Goodluck Jonathan. (Foto: Reuters)

Zuletzt überfiel Boko Haram die Stadt Kano, fast zweihundert Menschen starben bei den gut koordinierten Attacken. Die Angreifer sind jung, sie sitzen oftmals auf Motorrädern und schießen auf alles, was sich bewegt. Auch Selbstmordattentate gehören zum Terror der Boko Haram. Die Furcht, dass deren Führer Shekau keine Grenzen kennt, dass er alles tun wird, um ein pluralistisches Nigeria zu zerstören, ist seit der Attacke auf Kano noch gewachsen.

Aber Imam Shekau bombt nicht nur, er spricht auch zu den Nigerianern. Erst vor zwei Wochen tauchte er im Internet mit einem Video-Clip auf. Ganz in Weiß gekleidet, mit schusssicherer Weste und Kopftuch, ließ er sich vor grüner Wand zwischen zwei Kalaschnikows filmen. Den Boko-Haram-Terror bezeichnete er als einen Akt der Selbstverteidigung, nachdem der Staat mit allen Mitteln versuche, seine Gruppe auszulöschen.

Auch Christen bekämpfe er, weil sie "unsere Brüder töten". Damit spielte Shekau auf immer wiederkehrende Gefechte zwischen Christen und Muslimen in Nigeria an, die vor allem in der Stadt Jos eskalieren. Goodluck Jonathan, den hilflosen Präsidenten, verhöhnte der Sektenführer mit dem Satz: "Es ist Allah, der all dies tut, und weil du nicht an ihn glaubst und seine Religion missbrauchst, ist diese Sache größer als du, Jonathan."

Shekau übernahm die Führung von Boko Haram, nachdem der Gründer der Gruppe, Yusuf Mohamed, in der Haft gestorben war. Angeblich hatte ihn damals die Polizei getötet, was Boko Haram zu Vergeltungsschlägen anstachelte. Der neue Sekten-Chef spricht von einer breiten Bewegung, Jonathan habe keine Ahnung, wie viele Anhänger Boko Haram im Norden Nigerias hinter sich schare. Dort leben überwiegend Muslime, im Süden sind es vor allem Christen. Manche glauben, dass Nigeria bald zerbricht, wenn Extremist Shekau und seine Kämpfer immer weiter bomben.

"Die Leute sprechen über uns jetzt wie über einen Krebs, eine Krankheit", sagt er. Aber das stimme gar nicht. "Allah kennt uns. Nicht wir tun dies alles, sondern Gott." So beschreibt er sich als Allahs Werkzeug und gibt den Hüter des reinen Islam. Alles, was aus dem Westen kommt, ist hingegen Sünde. Aber vielleicht ist das noch nicht alles, wie Terrorexperte Martin Ewi vom Institute for Security Studies in Pretoria vermutet. Shekaus außerordentliche Brutalität könnte auch damit zu tun haben, dass ihn die Terroristen-Jäger des Staates schon einmal fast erwischt hätten. "Er war schon im Maul des Krokodils", sagt Ewi. "Jetzt kommt er zurück, um das Krokodil zu töten."

© SZ vom 25.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: