Transatlantische Beziehungen:Good Job

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US-Außenminister James F. Byrnes plädiert 1946 vor deutschen Politikern für die Errichtung eines nichtkommunistischen Kernstaates. (Foto: akg-images/picture alliance)

Nach dem Zweiten Weltkrieg wollte die US-Regierung die Deutschen für Demokratie und für Amerika begeistern. Wie gut das gelungen ist, zeigt sich auch daran, dass die Deutschen ihre Amerikahäuser einfach nicht aufgeben wollten.

Von Claudia Henzler, Stuttgart

Der 6. September 1946 ist ein bedeutendes Datum in der Geschichte der deutsch-amerikanischen Beziehungen. An diesem Tag richtete US-Außenminister James F. Byrnes die ersten Worte der Versöhnung an das deutsche Volk nach dem verheerenden Zweiten Weltkrieg. Er gab den Deutschen außerdem die Hoffnung auf eine Zukunft in politischer Selbstbestimmung: "Das amerikanische Volk wünscht, dem deutschen Volk die Regierung Deutschlands zurückzugeben", sagte er in der Stuttgarter Oper. "Das amerikanische Volk will dem deutschen Volk helfen, seinen Weg dort zurückzufinden zu einem ehrenvollen Platz unter den freien und friedliebenden Nationen der Welt."

Das Deutsch-Amerikanische Zentrum (DAZ) in Stuttgart erinnert in diesem Jahr mit mehreren Veranstaltungen an Byrnes Speech of hope und das Jahr 1946, das noch aus einem anderen Grund einen Wendepunkt in der amerikanisch-deutschen Beziehung markierte. Damals richtete die US-Regierung die ersten Amerikahäuser ein.

Die Amerikaner lockten mit Konzerten und Lesungen. Und mit Schallplattenabenden

Zunächst in den amerikanischen Besatzungszonen, später auch in anderen Teilen Westdeutschlands, hatten die Amerikahäuser die Aufgabe, die Deutschen zu einem demokratischen Volk umzuerziehen und die Grundlage für eine von Sympathien getragene Beziehung zu den USA zu legen. Mit nüchternen Informationen, aber auch mit amerikanischer Populärkultur. Mit Bibliotheken, Konzerten und Lesungen lockten die Amerikahäuser im Nachkriegsdeutschland. Sogar Schallplattenabende gab es dort.

Als Public diplomacy werden die Bemühungen einer Regierung bezeichnet, direkt mit der Bevölkerung eines anderen Staates zu kommunizieren, in der Hoffnung, von einer positiven Einstellung der Menschen gegenüber ihrem Land profitieren zu können. Gängige Mittel sind Austauschprogramme für Schüler, Studierende und Wissenschaftler, Sprachkurse und Kulturveranstaltungen.

Dass die Amerikaner damals einen guten Job gemacht haben, wie sie wohl selbst sagen würden, zeigt sich unter anderem daran, dass die hiesigen Amerikahäuser aus Sicht der USA irgendwann als verzichtbar galten. 1997 wurden die letzten geschlossen. Die US-Regierung wollte Geld sparen, vor allem aber mussten die Deutschen irgendwann nicht mehr für westliche Werte begeistert werden.

Heute ist die deutsche Regierung selbst in der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik aktiv und wirbt etwa mit dem Goethe-Institut weltweit für die Idee, dass eine freie, demokratische Gesellschaft eine Grundlage für die positive Entwicklung eines Landes und ein friedliches Miteinander sein kann.

Noch heute geht es um "dieses schöne altmodische Wort von der Völkerverständigung"

Wie erfolgreich die Arbeit der Amerikahäuser war, zeigt sich 76 Jahre nach Kriegsende auch daran, dass in vielen Städten Nachfolgeinstitutionen entstanden sind, die sich der transatlantischen Beziehungspflege verschrieben haben und Kurse und Veranstaltungen anbieten. Schwer vorstellbar, dass die Schließung von Goethe-Instituten in einem Land eine Welle von Vereinsgründungen auslösen würde.

Die zwölf deutsch-amerikanischen Kultur- und Bildungszentren von Hamburg bis Tübingen werden heute meist von gemeinnützigen Vereinen getragen und von Bundesländern und Städten bezuschusst, in geringerem Umfang auch vom Auswärtigen Amt. Mancherorts wurden die ursprünglichen Amerikahäuser weitergeführt, wie in München, anderswo setzten sie sich mit neuem Namen und neuem Standort für eine Vernetzung der Zivilbevölkerung ein, so wie das Deutsch-Amerikanische Zentrum Stuttgart.

Die USA würdigen diese Arbeit, indem sie ausgewählte Projekte mit Geld unterstützen, etwa Informationsveranstaltungen an Schulen oder die Beratung von Studenten, die ein Auslandsjahr in den USA planen. Selbst unter dem früheren US-Präsidenten Donald Trump hatte sich das nicht geändert.

In Stuttgart legt DAZ-Direktorin Christiane Pyka Wert darauf, dass ihr Zentrum, so wie auch die anderen Nachfolgeinstitute, völlig unabhängig arbeiten. "Wir sind nicht dazu da, als Marketinginstitut für deutsche Politik aufzutreten, und auch nicht dazu, amerikanische Politik zu verkaufen." Worum es gehe, das sei "dieses schöne altmodische Wort von der Völkerverständigung".

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