Agentenaustausch USA-Russland:Die Affäre im Safe

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Geheime Akten und drei Telefonate mit Moskau: Aus dem Weißen Haus dringen neue Details zur Spionageaffäre. Die US-Regierung hat den Agentenaustausch von langer Hand geplant. Ärger mit Moskau sollte unbedingt vermieden werden.

Reymer Klüver, Washington

Neue Details zum Agentenaustausch zwischen Russland und den Vereinigten Staaten vom Freitag lassen erkennen, dass die US-Regierung die Angelegenheit von langer Hand geplant hat. Dabei haben offenkundig Erwägungen eine große Rolle gespielt, die in den vergangenen Wochen und Monaten verbesserten Beziehungen zwischen beiden Mächten nicht durch eine Spionageaffäre belasten zu lassen.

Anna Chapman und Co.
:Wer sind die Spione?

Derzeit findet der spektakulärste Agentenaustausch seit dem Kalten Krieg statt: Die USA tauschen zehn Mitglieder eines russischen Spionagering gegen vier Russen, die für den Westen spioniert haben. Die Bilder.

Nach Informationen aus dem Weißen Haus war Präsident Barack Obama am 11. Juni über die Absicht des FBI unterrichtet worden, die zehn Agenten zu verhaften - gut zwei Wochen, ehe sie tatsächlich festgenommen wurden.

Ermittlungen liefen seit zehn Jahren

Dazwischen lag der Besuch des russischen Präsidenten Dmitrij Medwedjew in den USA am 24. Juni, der offenkundig nicht von der Affäre überschattet werden sollte. Erstmals war das Weiße Haus im Februar detailliert über die Ermittlungen informiert worden, die bereits seit einem Jahrzehnt liefen.

Bei den Erörterungen im Nationalen Sicherheitsrat standen Überlegungen im Vordergrund, die üblichen Reflexe bei einer Spionageaffäre mit wechselseitigen Schuldzuweisungen und Ausweisungen von Diplomaten zu vermeiden. Das FBI hatte eine umfangreiche, in einem New Yorker Geheimsafe verwahrte Dokumentation angelegt, die die Vorwürfe nahtlos belegten. Darüber wurden die russischen Behörden sofort nach der Festnahme informiert.

Das blieb nicht ohne Wirkung: Eine Erklärung des Moskauer Außenministeriums, in der die Spionagevorwürfe zunächst als "unbegründet" zurückgewiesen worden waren, verschwand von dessen Website.

Zwei Tage Bedenkzeit

Zugleich brachten die Amerikaner den Austausch der zehn festgenommenen Agenten gegen vier in Russland wegen Spionage verurteilte Russen ins Spiel. Gut zwei Tage nach den Festnahmen in den USA machte die CIA dem Moskauer Auslandsdienst SVR ein entsprechendes Angebot.

Nach zweitägiger Bedenkzeit willigten die Russen ein. Der Handel wurde dann in drei Telefonaten zwischen CIA-Chef Leon Panetta und seinem russischen Widerpart Mikhail Fradkow besiegelt. Das Weiße Haus betonte aber, dass der Austausch nicht von vornherein geplant gewesen sei.

Ein Hindernis stellte indes ein Teil der festgenommenen Agenten dar. Offenbar waren ursprünglich nicht alle bereit, die USA zu verlassen. Vicky Pelaez, eine peruanische Staatsbürgerin und die einzige Nicht-Russin unter den Festgenommenen, willigte erst ein, nachdem russische Konsularbeamte ihr freie Unterkunft in Russland, eine lebenslange Rente von monatlich 2000 Dollar und das Rückkehrrecht in ihre peruanische Heimat zugesichert hatten.

© SZ vom 12.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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