Afghanistan:Kollateralschaden bei der Wahl

Attacke gegen Verteidigungsminister Franz Josef Jung: Die Nato sucht den Konflikt mit der Bundesregierung und der Afghanistan-Einsatz destabilisiert die deutsche Politik.

Kurt Kister

Der "Stabilisierungseinsatz" in Afghanistan, wie Minister Jung den Krieg nennt, destabilisiert nun auch die deutsche Politik. Es ist bemerkenswert, wie klar die Nato in ihrem vorläufigen Untersuchungsbericht dem deutschen Kommandeur in Kundus die Schuld für jene Bombenabwürfe zumisst, bei denen Dutzende Afghanen ums Leben gekommen sind. Genauso bemerkenswert aber ist, dass der Kern der Vorwürfe nun öffentlich geworden ist. Dies bedeutet, dass Isaf und Nato bewusst den Konflikt mit dem Verteidigungsministerium, letztlich der Bundesregierung suchen.

Wenn die Darstellung in dem Isaf-Bericht stimmt, dann hat der deutsche Oberst die Luftnahunterstützung gegen die geltenden Regeln angefordert. Nach der neuen Strategie der Isaf - und die ist mit US-General Stanley McChrystal direkt und mit US-Präsident Obama politisch verbunden - wird Unterstützung aus der Luft nur Einheiten gewährt, die unmittelbar im Kampf stehen. Das traf für die Bundeswehr im Falle der Tanklaster eindeutig nicht zu.

Offenbar wollen die Führungsgremien der Nato, und keineswegs nur die Amerikaner, ein Exempel statuieren. Den Afghanen und der Welt soll demonstriert werden, dass die neue Strategie gilt und dass Verstöße geahndet werden. Politisch ist dies auch eine Attacke auf den hilflosen Verteidigungsminister Jung, der seinen Oberst um jeden Preis schützen wollte. Mehr noch: Die Bomben von Kundus werden gravierenden Kollateralschaden bei der Bundestagswahl erzeugen. Der wahrscheinliche grobe Fehler eines Offiziers sowie dessen lautstarke Anprangerung durch die Nato wird jene bestärken, die nur "raus aus Afghanistan" wollen.

© SZ vom 10.09.2009/holz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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