Forderung der GEW:Lehrer sollen AfD im Unterricht kritisch analysieren

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Maike Finnern ist die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). (Foto: Sebastian Willnow/dpa)

Die Chefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Maike Finnern, begründet ihren Aufruf: "Lehrerinnen und Lehrer schwören auf die Verfassung - und darauf, diese zu verteidigen."

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat die Lehrkräfte in Deutschland aufgerufen, sich im Unterricht kritisch mit der AfD auseinanderzusetzen. "Die AfD ist eine Partei mit verfassungsfeindlichen Tendenzen. Das dürfen und sollen Lehrerinnen und Lehrer auch im Klassenraum so sagen", sagte GEW-Chefin Maike Finnern der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten.

"Am besten tun sie das, indem sie konkrete Aussagen und Vorgänge analysieren und mit den Schülerinnen und Schülern besprechen. Ich ermuntere Lehrkräfte nicht nur dazu, die Auseinandersetzung mit der AfD auch im Klassenraum zu suchen. Ich rufe sie auch ausdrücklich dazu auf", so Finnern. "Lehrerinnen und Lehrer schwören auf die Verfassung - und darauf, diese zu verteidigen."

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Von Kathrin Müller-Lancé

Finnern berichtete, viele Lehrkräfte hätten Angst, sie könnten Ärger mit ihrem Dienstherrn bekommen, wenn sie auf Demonstrationen gegen Rechtsextremismus gingen. Das stimme aber nicht. Lehrkräfte hätten, wie andere Staatsbürger auch, das Recht, gegen Rechtsextremismus zu demonstrieren, sagte Finnern. "Aus unserer Sicht haben sie sogar mehr als andere die Pflicht, sich für Demokratie und Vielfalt starkzumachen sowie ihre Stimme gegen Rechtsextremismus und verfassungsfeindliche Umtriebe zu erheben."

Bei politischer Bildung im Unterricht müssen die Prinzipien des Beutelsbacher Konsenses eingehalten werden. Sie gehen zurück auf eine Tagung der baden-württembergischen Landeszentrale für politische Bildung 1976 im schwäbischen Beutelsbach. Der Beutelsbacher Konsens verpflichtet Lehrer gegen Indoktrination, aber nicht zur Wertneutralität, wie es auf der Internetseite der Landeszentrale für politische Bildung heißt.

Politisch kontroverse Themen sollen kontrovers dargestellt werden. Schüler sollen befähigt werden, zu einem eigenen Urteil über politische Themen zu kommen. Die Lehrer sollen die Schüler im Geiste der Demokratie, Menschenwürde und Gleichberechtigung erziehen. "Die dafür notwendige Überparteilichkeit ist nicht mit Wertneutralität zu verwechseln", schreibt die Landeszentrale.

Konkret heißt das nach ihren Ausführungen: Wenn politische Parteien etwa Antisemiten dulden und erkennbar personelle Überlappungen in die rechtsradikale und rechtsextreme Szene aufweisen, muss dies im politischen Unterricht kritisch angesprochen werden.

Der Verfassungsschutz beobachtet die Südwest-AfD seit Juli 2022 als sogenannten rechtsextremistischen Verdachtsfall. Die Geheimdienstler dürfen die Rechtspopulisten genauer unter die Lupe nehmen, unter strengen Voraussetzungen Mitglieder observieren, Telefone überwachen, Informanten anwerben. Die Sicherheitsbehörden sehen "hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte" für verfassungsfeindliche Bestrebungen in der AfD Baden-Württemberg.

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