AfD im Bundestag:Auch Nummer sechs verliert

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Harald Weyel sitzt seit 2017 im Bundestag und ist Mitglied des AfD-Bundesvorstands. (Foto: Mauersberger/imago)

Die AfD scheitert erneut mit ihrem Versuch, einen der Bundestags-Vizepräsidenten zu stellen. Warum die Rechtspopulisten ein ums andere Mal aussichtslose Kandidaten ins Rennen schicken.

Von Markus Balser, Berlin

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) ließ sich die Brisanz des Themas nicht anmerken, als er am Donnerstag zum Start in die Parlamentssitzung "Top 11" aufrief: "3. Wahlgang - Stellvertreter des Präsidenten". Denn als Schäubles Vize wollte an diesem Morgen der Abgeordnete Harald Weyel von der AfD gewählt werden. Viel zu tun hätte Weyel zwar nicht mehr. Das Parlament hat vor der Sommerpause nur noch eine Sitzungswoche vor sich. Dann wird ein neuer Bundestag gewählt. Doch um solche Fragen geht es bei dieser Wahl schon lange nicht mehr.

Der Machtkampf um den Spitzenposten im Parlament ist fast schon Routine. Zum 18. Mal mussten die Parlamentarier in der Sache seit Beginn der Legislaturperiode 2017 an die Urne. Vor Weyel waren schon fünf andere Kandidatinnen und Kandidaten der AfD in jeweils drei Wahlgängen angetreten - und gescheitert. Auch Weyel bereits in zwei. Und auch der letzte Wahlgang ging an diesem Donnerstag ziemlich klar verloren. 101 Abgeordnete stimmten für, 531 gegen ihn. Und 17 enthielten sich.

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Damit ist endgültig klar: Das Ringen der AfD um den Prestigeposten im Parlament ist gescheitert. Das sechste Amt des Stellvertreters bleibt in dieser Legislaturperiode unbesetzt. Dem Präsidium des Bundestags gehören neben Schäuble seine Stellvertreterinnen und Stellvertreter Hans-Peter Friedrich (CSU), Dagmar Ziegler (SPD), Wolfgang Kubicki (FDP), Petra Pau (Linke) und Claudia Roth (Grüne) an. Laut Geschäftsordnung des Bundestags steht eigentlich jeder Fraktion ein Sitz im Parlamentspräsidium zu. Doch diese Regel ist kein Gesetz. Sie steht in der Geschäftsordnung des Bundestags. Die Abgeordneten sind bei ihrer Wahlentscheidung letztlich frei.

Viele in den anderen Fraktionen wollen sich von der AfD nicht repräsentieren lassen. Die AfD missachte den tragenden Grundsatz der Verfassung, die Menschenwürde, in vielfältiger Weise, warnte der FDP-Politiker Kubicki. Er glaube zudem, das Ansehen "Deutschlands in der Welt würde Schaden nehmen, wenn ein Vertreter der AfD unser Land in offizieller Mission im Ausland vertreten würde". Die Zweifel bestärkt hatten etwa Vorkommnisse wie jene im November, als Krawallmacher über Abgeordnetenbüros der AfD in Parlamentsgebäude geschleust wurden.

Die AfD will es im nächsten Bundestag wieder versuchen

Der Bundestagspräsident hat als Repräsentant des Parlaments und damit der Legislative das zweithöchste Amt im Staat inne - er steht formal unter dem Bundespräsidenten, aber über der Bundeskanzlerin und dem Bundesratspräsidenten. Nicht mal vertretungsweise wollen die anderen Parteien jemanden von der AfD auf diesem Posten wissen. Allerdings gab es offenkundig am Donnerstag Abweichler von dieser Linie, wenn auch nicht viele. Denn die AfD-Fraktion hat nur 88 Abgeordnete. Selbst mit einstigen Angehörigen ihrer Fraktion kommt sie nur auf 92 Sitze. Damit müssen sich auch einige Abgeordnete anderer Fraktionen für Weyel ausgesprochen haben.

Auch in drei anderen Gremien scheiterte die AfD am Donnerstag endgültig mit ihrem Bemühen um einen oder mehrere Sitze. Etwa im Vertrauensausschuss, der die Wirtschaftspläne für Geheimdienste berät und zwei Finanzgremien. Insgesamt hatte die AfD fünf Kandidaten ins Rennen geschickt. Für die Partei gilt das Antreten auch bereits als Teil des Wahlkampfs. Intern gilt die Losung, dass die Niederlagen die eigenen Wähler mobilisieren könnten. Die Partei kündigte bereits an, auch im nächsten Bundestag darauf zu pochen, den Posten eines Vizepräsidenten zu bekommen. Ihre Fraktion werde "ihren Anspruch auf das Amt eines Bundestagsvizepräsidenten aufrechterhalten", erklärte Fraktionschefin Alice Weidel.

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