Terrormiliz:Mutmaßlicher Deutschland-Chef des IS muss ins Gefängnis

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Abu Walaa war Imam der Moschee des inzwischen verbotenen Vereins "Deutschsprachiger Islamkreis Hildesheim". Hier steht er im Oberlandesgericht Celle hinter einer Scheibe. (Foto: Julian Straten/REUTERS)

Abu Walaa und drei Mitangeklagte sollen junge Menschen islamistisch radikalisiert und in Kampfgebiete des IS geschickt haben. Ein Gericht verurteilt ihn zu zehneinhalb Jahren Haft.

Im Prozess gegen den mutmaßlichen Deutschland-Chef der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), Abu Walaa, und drei Mitangeklagte hat das Oberlandesgericht Celle die Urteile verkündet. Das Gericht sprach den 37-Jährigen wegen Unterstützung und Mitgliedschaft in der Terrororganisation schuldig und verurteilte ihn zu zehneinhalb Jahren Haft.

Der Hassprediger und sein Netzwerk haben nach Überzeugung der Richter junge Leute vor allem im Ruhrgebiet und in Niedersachsen radikalisiert und in die IS-Kampfgebiete geschickt. Zwei der Rekrutierten sollen im Irak Selbstmordattentate mit zahlreichen Todesopfern verübt haben. Ein weiterer soll im Sicherheitsapparat des IS tätig gewesen sein. Die drei Mitangeklagten im Alter von 32 bis 55 Jahren erhielten Haftstrafen zwischen gut vier und acht Jahren.

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Abu Walaa war Imam der Moschee des inzwischen verbotenen Vereins "Deutschsprachiger Islamkreis Hildesheim". Ein Mitangeklagter soll seine Wohnung in Dortmund als Gebetszentrum genutzt und dort auch zeitweise den Islamisten Anis Amri beherbergt haben. Amri verübte am 19. Dezember 2016 den Anschlag auf den Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz in Berlin mit insgesamt zwölf Todesopfern.

Für Abu Walaa hatte die Bundesanwaltschaft elfeinhalb Jahre Haft gefordert, für die übrigen Angeklagten zwischen viereinhalb und zehn Jahren. Die Verteidigung hatte auf Freispruch beziehungsweise deutlich mildere Strafen plädiert. Im Prozess benannte das Gericht eine lange Liste weiterer Islamisten, die von dem Dortmunder und einem mitangeklagten Duisburger im Hinterzimmer von dessen Reisebüro radikalisiert worden sein sollen.

Unbemerkt von den Sicherheitsbehörden blieb das Handeln der Gruppe um Abu Walaa nicht. In Dortmund war regelmäßig V-Mann "Murat" vom Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen dabei - auch bekannt als "VP-01", der sich auch an die Fersen Amris heftete. Die Bundesanwaltschaft stützte sich auf Informationen dieses V-Manns, der für den Prozess aber keine Aussagegenehmigung erhielt.

Kronzeuge der Bundesanwaltschaft war ein junger Mann aus Gelsenkirchen, der als Jugendlicher in islamistische Kreise geriet, sich dann aber vom IS abwandte und mit den Behörden zusammenarbeitete. Die Verteidigung zog die Glaubwürdigkeit dieses Kronzeugen in Zweifel. Dem V-Mann warf sie vor, selbst zu Anschlägen angestachelt zu haben. Die Anschuldigungen seien im Großen und Ganzen nicht nachweisbar.

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