Abteilung Attacke:Die Wahlkampftricks der Union

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Kanzlerin Merkel will SPD-Mann Steinbrück zu neuen Ämtern verhelfen? Unsinn, sagen die Wahlkampfstrategen: Die Union versuche mit gezielten Gerüchten, die SPD zu verunsichern.

C. Hulverscheidt

Es war am späten Vormittag des vergangenen Samstags, als die Welt des gemeinen CDU-Mitglieds wieder einmal aus den Fugen zu geraten drohte. Nicht, dass die Christdemokraten von ihrer Parteivorsitzenden nicht einiges gewohnt wären.

Aber dass Angela Merkel ganze drei Wochen vor der Bundestagswahl öffentlich darüber räsoniert haben sollte, den Sozialdemokraten Peer Steinbrück zum EU-Kommissar zu machen oder aber als nächsten Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) vorzuschlagen, das zog dem ein oder anderen dann doch den Boden unter den Füßen weg.

Tatsächlich klang die Magazinmeldung, welche die Unionschristen so sehr in Verwirrung stürzte, geradezu spektakulär. Zwar ist bekannt, dass sich die Kanzlerin und der Bundesfinanzminister im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise bestens kennen- und sehr wohl auch schätzen gelernt haben.

Aber muss das denn so weit gehen, so wird sich mancher leidgeprüfte Christdemokrat gefragt haben, dass Merkel für Steinbrück gleich "was tun" muss, wie es unter Berufung auf einen hohen Unionspolitiker in der Meldung hieß? Wie weit bitteschön, so mögen andere gedacht haben, will es die Kanzlerin mit ihrer Wahlkampfverweigerung denn noch treiben?

Die traumatisierten CDU-Mitglieder werden sich wohl rasch wieder beruhigen können, denn hinter der Meldung dürfte weniger Merkel selbst, als vielmehr die Abteilung Attacke des Konrad-Adenauer-Hauses stehen.

Das zumindest vermuten die Strategen der Gegenseite, die in dem angeblichen Job-Angebot den Versuch sehen, die ohnehin darbende Sozialdemokratie weiter zu demütigen. "Die Unions-Strippenzieher wollen uns spalten und außerdem die Botschaft platzieren, dass sich ihre ach so großartige Kanzlerin selbst unmittelbar vor der Wahl noch allein an der Sache orientiert", heißt es in SPD-Kreisen. "Damit treibt Merkel ihren Ich-stehe-über-den-Parteien-Wahlkampf auf die Spitze." Und noch ein weiteres Motiv vermuten die Sozialdemokraten: Durch die öffentlich betriebene Suche nach Verwendungsmöglichkeiten für Steinbrück soll bei den Bürgern der Eindruck verstärkt werden, dass die Wahl für die SPD längst verloren sei.

Doch selbst für den Fall, dass Merkel tatsächlich über ein Angebot an Steinbrück nachdenken sollte, wird dieser weder EU-Kommissar noch IWF-Chef werden. Der nächste Generaldirektor des Währungsfonds wird erst 2012 gewählt, und was Steinbrück von den Bürokraten in Brüssel hält, hat er in den letzten vier Jahren mehr als einmal durchblicken lassen.

Ohnehin droht die Geschichte spätestens hier ins Absurde abzurutschen, denn manch führender Sozialdemokrat kann sich das Amt des deutschen EU-Kommissars für den Fall einer krachenden Wahlniederlage auch als Versorgungsposten für den Noch-Kanzlerkandidaten vorstellen. Das Bewerberduell lautete dann: Steinbrück gegen Steinmeier.

© SZ vom 08.09.2009/segi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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