Abgas-Affäre:Koalition streitet über Diesel-Nachrüstung

Lesezeit: 2 min

Verkehrsminister Scheuer (CSU) lehnt Umbau alter Fahrzeuge weiter ab. Umweltministerin Schulze (SPD) besteht dagegen auf technischer Abgasreinigung, um die Luftqualität zu verbessern.

Von Markus Balser und Michael Bauchmüller, Berlin

Nach einem Machtwort von Kanzlerin Angela Merkel in der Abgasaffäre spitzt sich der Koalitionsstreit über den Umgang mit den betroffenen Dieselfahrzeugen zu. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) stellte am Montag klar, dass er die Forderung aus der SPD und weiten Teilen der CDU ablehnt, ältere Diesel mit einer Abgasreinigung nachzurüsten. "Ich halte das für den falschen Weg", sagte Scheuer. Von gut acht Millionen Euro-4- und Euro-5-Autos seien nur zwei Millionen technisch nachrüstbar. Er setze daher vor allem auf Anreize zum Kauf neuer Autos. "Die Hersteller sind in der Pflicht", sagte Scheuer. Der Steuerzahler solle nicht belastet werden.

Merkel hatte am Donnerstag von Scheuer ein Konzept zur Lösung der Dieselkrise gefordert. Der Handlungsbedarf war gestiegen, da nach Stuttgart, München und Hamburg auch Frankfurt von Richtern auferlegt bekam, Fahrverbote einzuführen. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU), der sich im Landtagswahlkampf befindet, forderte Nachrüstungen auf Kosten der Industrie. Die hessische Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) sagte, die Landesregierung habe einen entsprechenden Entschließungsantrag für die Bundesratssitzung am Freitag eingebracht. Auch CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer erklärte, die Regierung sei offen für Nachrüstungen. Verkehrsminister Scheuer warnt dagegen, die Umrüstung habe gravierende Folgen für Besitzer. "Der Verbrauch steigt, die Leistung sinkt, und die Serviceintervalle werden kleiner." Zudem sei rechtlich nicht sicher, dass umgerüstete Autos von Fahrverboten ausgenommen würden. "Wir können kein Rundum-sorglos-Paket schnüren." Eine Nachrüstung würde meist zwischen 1500 und 3000 Euro kosten, wer dies zahlen soll, ist offen. Scheuer will, dass die Industrie attraktivere Angebote zum Kauf neuer Autos macht als bisher.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) besteht indes weiter auf Nachrüstungen an den Motoren. "Entscheidend ist, dass die Luft in den belasteten Städten sauberer wird", sagte Schulze der Süddeutschen Zeitung. Nur so wären Fahrverbote vermeidbar. "Die einzige Maßnahme, die wirklich viel bringt, ist die technische Nachrüstung." Auch sie wolle keine Lösung auf Kosten der Steuerzahler. "Die Autoindustrie hat das Problem verursacht, darum muss die Industrie auch Verantwortung übernehmen." Nachrüstungen auf Kosten der Hersteller seien "der beste und gerechteste Weg aus der Dieselkrise", sagte sie.

Regierungskreisen zufolge könnte ein Kompromiss darin liegen, zunächst alle älteren Diesel in den 65 deutschen Problemstädten mit schlechter Luft nachzurüsten. Verbraucherschützer fordern hingegen Umtauschprämien, die mehr sind als ein Programm zur Absatz-Ankurbelung der Autoindustrie. "Dieselbesitzer, die wegen Fahrverboten ihr Auto nicht nutzen können, sollten ein Angebot von den Herstellern erwarten können", sagte Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands. "Angemessen wäre der Rückkauf ihres Fahrzeuges zum Zeitwert zuzüglich 1000 Euro."

© SZ vom 18.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: