Sudetendeutscher Tag in Augsburg:Bayern fordert bundesweiten Gedenktag für Vertriebene

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An das alte Gewerbe der Rußbuttenträger erinnerte dieser Sudetendeutsche beim Treffen der Landsmannschaft vor der Schwabenhalle in Augsburg. (Foto: dpa)

Bayerns vierter Stamm: Ministerpräsident Seehofer kündigt ab September 2014 einen Erinnerungstag für Heimatvertriebene an - auch wenn der Bund keinen Gedenktag einführe. Die Landsmannschaft der Sudetendeutschen zeichnet Seehofer mit dem Karls-Preis aus - und sieht einen "Wendepunkt" gekommen.

Bayern setzt sich für die Einführung eines bundesweiten Gedenktags für Heimatvertriebene ein. Ministerpräsident Horst Seehofer bedauerte am Sonntag auf dem 64. Sudetendeutschen Tag in Augsburg, dass das bisher nicht gelungen ist. Deshalb werde es nun in Bayern solch einen Erinnerungstag geben. "Die Sudetendeutschen haben maßgeblich zu der bayerischen Erfolgsgeschichte beigetragen", erklärte der CSU-Chef mit Blick auf die Leistung der Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg. Bayern soll den Gedenktag ab 2014 an jedem zweiten Sonntag im September begehen.

Schon zum Auftakt des traditionellen Pfingsttreffens der Sudetendeutschen hatte die bayerische Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) am Samstag gesagt, dass der landesweite Gedenktag auch ein "Signal an den Bund" sei. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte, es sei nicht verständlich, aus Rücksicht auf die Außenpolitik auf solch einen Tag zu verzichten. "An die Wahrheit zu erinnern, ist außenpolitisch wichtig und richtig." Er schränkte allerdings ein, dass es auf Bundesebene dafür keine Mehrheit gebe.

Die Landsmannschaft der Sudetendeutschen zeichnete Seehofer am Sonntag mit ihrem Karls-Preis aus. Der Sprecher der Sudetendeutschen, der CSU-Europaabgeordnete Bernd Posselt, würdigte Seehofer als "Wegbereiter" der Verständigung mit Tschechien. Der CSU-Vorsitzende sei bei diesem Thema "Eisbrecher", "geduldiger Brückenbauer" und auch "Antreiber". Am ersten Tag ihres Treffens hatten die Sudetendeutschen bereits den tschechischen Dokumentarfilmer David Vondracek mit ihrem Menschenrechtspreis geehrt. In seinem Film "Töten auf Tschechisch" hatte er an das Massaker an Sudetendeutschen nach dem Krieg erinnert.

Sudetendeutsche sehen "Wendepunkt" gekommen

Geprägt war der Sudetendeutsche Tag von Entspannung im Verhältnis zu Prag, nachdem der tschechische Regierungschef Petr Necas im Februar bei einem Besuch in München das Unrecht bei der Nachkriegsvertreibung der Deutschen aus der früheren Tschechoslowakei eingeräumt und bedauert hatte. Das waren die neuen Töne aus Prag, auf die die vertriebenen Sudetendeutschen gewartet hatten. Ihr Sprecher Bernd Posselt betonte daher beim Pfingstreffen: "Dies ist ein Sudetendeutscher Tag des Wendepunktes. Aber, liebe Landsleute, ein Wendepunkt hat einen langen Vorlauf, und man hat noch einen langen Weg vor sich."

Die Landsmannschaft als Interessenvertretung der Vertriebenen und ihrer Nachkommen hat nach eigenen Angaben etwa 220.000 Mitglieder.

Die bayerische Regierung hatte in den 1950er Jahren die Schirmherrschaft für die geflüchteten Sudetendeutschen übernommen. Die Volksgruppe wird seitdem als vierter Stamm Bayerns bezeichnet - neben den Altbayern, Franken und Schwaben. Zudem gelten die Vertriebenen und ihre Nachkommen auch als besonders treue Wähler der Christsozialen.

© Süddeutsche.de/dpa/kjan - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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