Islamfeindlichkeit in Deutschland:2017 gab es mindestens 950 Angriffe auf Muslime und Moscheen

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Tag der offenen Moschee in der Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld (NRW) am 3. Oktober 2017. (Foto: dpa)
  • Das steht in einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linken-Fraktion.
  • 33 Menschen wurden bei den Angriffen verletzt. In fast allen Fällen waren die Täter Rechtsextreme.
  • Es gibt allerdings noch keine Vergleichszahlen - die Behörden werten entsprechende Daten erst seit Jahresbeginn 2017 aus.

Im vergangenen Jahr gab es in Deutschland mindestens 950 Angriffe auf Muslime und muslimische Einrichtungen wie Moscheen. Das geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linken-Fraktion hervor, die der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) vorliegt. Dabei wurden 33 Menschen verletzt. Die Behörden registrierten allein knapp 60 Anschläge, Schmierereien und Schändungen, etwa mit Schweineblut, auf Moscheen und andere islamische Einrichtungen.

In fast allen Fällen waren die Täter Rechtsextreme. Zu den erfassten Straftaten zählen Hetze gegen Muslime oder muslimische Flüchtlinge im Netz (sogenannte Hasskommentare), Drohbriefe, Angriffe auf Kopftuch tragende Frauen oder muslimische Männer auf der Straße, aber auch Sachbeschädigung und Nazi-Schmierereien an Häusern und Moscheen.

Über die Höhe des Schadens hatten die Behörden keine Erkenntnisse. Da die Behörden Daten zu islamfeindlichen Straftaten erst seit Jahresbeginn 2017 auswerten, gibt es außerdem keine Vergleichszahlen aus 2016.

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Zudem wurden 2017 insgesamt knapp 90 Kundgebungen gegen die angebliche "Islamisierung Deutschlands" gezählt. In diesen Zahlen sind jedoch die regelmäßigen Pegida-Aufmärsche in Sachsen nicht erfasst.

Zum Jahresende entspannte sich die Lage etwas. Nach vorläufigen Zahlen gab es im vierten Quartal 167 registrierte Vorfälle, darunter fünf Angriffe auf Moscheen und muslimische Religionsstätten. Das ist deutlich weniger als noch im dritten Quartal mit 288 Vorfällen. Die innenpolitische Expertin der Linken im Bundestag, Ulla Jelpke, sagte dazu, das sei "zwar erfreulich, aber kein Grund zur Entwarnung". Jelpke befürchtet mit Blick auf die AfD, dass sich eine muslimfeindliche Stimmung in Deutschland verfestigt: "Die Islamhasser haben inzwischen den Sprung von der Straße in den Bundestag geschafft und tragen von der Parlamentstribüne zur Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas gegenüber muslimischem Leben in Deutschland bei."

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime (ZMD), Aiman Mazyek, geht davon aus, dass die Statistik nicht alle Delikte erfasst und so die Wirklichkeit nur in Teilen abgebildet wird. Mazyek sagte der NOZ, es gebe wohl ein großes Dunkelfeld, weil Polizei und Staatsanwaltschaften "noch nicht dafür sensibilisiert" seien. Zudem würden Betroffene häufig keine Anzeige erstatten.

© SZ.de/dpa/AFP/ihe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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