100 Tage David McAllister:Der Windmacher

Er galt als "Terrier" seines Vorgängers Wulff, als neuer konservativer Akzent in der CDU. Doch in seinen ersten 100 Tagen im Amt hat David McAllister auch andere Gesichter gezeigt.

Lena Jakat.

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Er galt als "Terrier" seines Vorgängers Wulff, als neuer konservativer Akzent in der CDU. Nach 100 Tagen im Amt ist David McAllister tief in einen Wahlkampf-Skandal verstrickt und sieht einem stürmischen Herbst entgegen. Wenn der Terrier diskutiert Dass der Mann mit Kilt und deutschem Pass Christian Wulff als Niedersachsens Ministerpräsident beerbte, als der ins Berliner Schloss Bellevue einzog, war keine große Überraschung. Der neue Bundespräsident hatte David McAllister, Sohn einer deutschen Lehrerin und eines schottischen Soldaten, selbst als Nachfolger aufgebaut, ihn 2003 zum jüngsten Fraktionsvorsitzenden Deutschlands gemacht und ihm 2008 den Parteivorsitz der Landes-CDU abgetreten. Er galt als Scharfmacher, pöbelte im Landtag gegen "Sozen" und "Kommunisten". Darüber hinaus sahen viele in ihm ein politisches Abbild seines Vorgängers. McAllister selbst sagte bei seinem Amtsantritt am 1. Juli, er stehe für Kontinuität. Dann aber packte er manches doch anders an. Die Entscheidungskultur zum Beispiel: Unter McAllister werde "endlich wieder diskutiert", gab ein Staatssekretär erleichtert zu Protokoll. 

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Zweifler bei Laufzeitverlängerung McAllisters Amtsantritt würde den konservativen Flügel der CDU stärken, so die Prognose weiter. Manche erwarteten in dem für seine polternden Bierzelt-Reden bekannten Politiker gar einen zweiten Roland Koch. (Hier im Bild mit Koch-Nachfolger Volker Bouffier, rechts) Dass das mit der innerparteilichen Positionierung nicht immer so einfach ist, zeigte sich zum Beispiel bei der Debatte um die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke. McAllister sprach sich weniger klar als andere CDU-Länderfürsten dafür aus. Zudem pochte er darauf, dass die Länder an den Einnahmen aus der Brennelementesteuer beteiligt werden müssten. McAllister könnte das Geld gut gebrauchen, beispielsweise für das marode Endlager Asse. In Niedersachsen gibt es drei Atomkraftwerke und bis zu drei mögliche Endlagerstandorte.

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Der Windmacher Statt sich in der komplizierten Atomdebatte zu tief zu verstricken, kündigte McAllister eine Wende in der Energiepolitik an: "Die anderen machen Wind, wir haben ihn", witzelte der Ministerpräsident und verkündete auch bei seinem Einlenken in Sachen Laufzeitverlängerung: "Die Zukunft gehört den erneuerbaren Energien." Überraschend grüne Ansichten für jemanden, der früher im Plenum über "Ökofuzzis" herzog? Möglicherweise sieht McAllister auch die Chance, sich mit der Energiepolitik seines wind- und biomassereichen Landes zu positionieren - auch bundespolitisch. 

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Nächster Halt: Berlin? Mit seiner Wahl zum Nachfolger von Christian Wulff ist McAllister zudem endgültig zum Hoffnungsträger der CDU aufgestiegen. Schon 2004 hätte er es werden können - als Generalsekretär der Bundespartei. Das entsprechende Angebot lehnte McAllister damals noch ab. Der jüngste Ministerpräsident Deutschlands wird jetzt in einem Atemzug mit anderen aufstrebenden CDU-Figuren von Ursula von der Leyen bis Stanislaw Tillich genannt. Dass McAllister eine erfolgreiche Zeit in Hannover zu einer bundespolitischen Karriere ausbauen könnte, schien auch ein gutes innerparteiliches Ergebnis zu bestätigen: Nach einem Monat als Ministerpräsident wurde er mit 97 Prozent der Delegiertenstimmen als Landesvorsitzender bestätigt. Wieder nur einen Monat später war McAllisters Glanz allerdings ziemlich angekratzt.

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Das Schlamassel mit den Stadtwerken Am Anfang waren Gerüchte. Der entlassene Pressesprecher der Wolfsburger Stadtwerke, Maik Nahrstedt, verkündete, sein Arbeitgeber und er selbst hätten die Niedersachsen-CDU unlauter unterstützt und für die Partei 2003 Wahlkampf betrieben - auf Stadtwerke-Kosten. Die CDU wies die Vorwürfe zurück, "zu keiner Zeit" habe die Partei von "Herrn Nahrstedt und seiner Tätigkeit bei den Stadtwerken Wolfsburg profitiert". Zwei Tage später durchsuchte das Landeskriminalamt 16 Gebäude - darunter auch die Parteizentrale der CDU. Die Wahl 2003 gewann Christian Wulff, sein Nachfolger McAllister war damals Generalsekretär. Die Ausmaße der Stadtwerke-Affäre sind noch abzuwarten, sicher ist: Das Sonnyboy-Image McAllisters ist drei Monate nach dessen Amtsantritt nicht mehr streifenfrei. 

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Mit dem Auto nach Indien Zu den hässlichen Stellen trug kürzlich auch der VW-Konzern bei, an dem das Land Niedersachsen eine 20-prozentige Beteiligung hält. Für McAllisters Wirtschaftsreise durch Indien flog VW eigens ein gepanzertes Modell seines Phaeton ein. Darin fuhr McAllister unter anderem auch bei einem Werk des Automobilkonzerns vor, wo er eine Ausbildungsakademie eröffnete, und zu einem Kinderheim. Zuhause in Niedersachsen sorgte diese logistische Extravaganz für Kopfschütteln. 

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Stürmischer Herbst Welche Kreise die Stadtwerke-Affäre auch ziehen mag, McAllister wird wohl in jedem Fall ein heißer Herbst ins Haus stehen: Am 1. Oktober wurde nach zehn Jahren die Erkundung des Salzstocks in Gorleben wieder aufgenommen, Grüne und Anwohner laufen Sturm. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) verspricht den Anwohnern Beteiligung am Entscheidungsprozess. Für Röttgens Parteikollegen McAllister könnte das Comeback der Atom-Debatte den vorzeitigen Startschuss zum Wahlkampf geben. Die Niedersachsen gehen im September nächsten Jahres an die Urnen, an Tag 442 nach McAllisters Amtsantritt.

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