Zyklon "Pam" im Südpazifik:"Unsere Hoffnung auf eine blühende Zukunft ist zerstört"

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Nachdem Zyklon "Pam" über Vanuatu hinweggezogen ist, haben die Menschen mit den Aufräumarbeiten begonnen. (Foto: AFP)
  • Vanuatus Präsident Baldwin Lonsdale hat die internationale Staatengemeinschaft um Hilfe gebeten, nachdem Zyklon "Pam" in dem südpazifischen Inselstaat schwere Verwüstungen angerichtet hat.
  • Wie viele Todesopfer es gibt, ist auch zwei Tage nach der Katastrophe unklar. Zu den 80 Inseln Vanuatus gibt es nach wie vor kaum Kontakt.
  • Auch Nachbarstaaten haben Schäden zu beklagen. Neuseeland bereitet sich auf Sturmfluten vor.
  • Das Auswärtige Amt rät Urlaubern vorerst von Reisen in das Land ab, solange das Ausmaß der Schäden und Risiken nicht absehbar ist.

Hilfsgüter nach Vanuatu unterwegs

Nach der gewaltigen Verwüstung durch Zyklon "Pam" sind die ersten Flugzeuge mit Hilfsgütern in den Pazifikstaat Vanuatu unterwegs. In der Hauptstadt Port Vila schien nach dem gigantischen Unwetter am Sonntag erstmals die Sonne, wie Anwohner berichteten. Sie begannen damit, die Straßen zu räumen und Dächer zu reparieren.

Das Ausmaß der Katastrophe war noch völlig unklar, weil es selbst fast 48 Stunden nach der Katastrophe kaum Kontakt zu den etwa 80 Inseln Vanuatus gab. Nur in der Hauptstadt funktionierte der Mobilfunk. Die australische Luftwaffe wollte sich mit Aufklärungsflügen einen Überblick verschaffen. Neuseeland schickte ein Hercules-Transportflugzeug mit zehn Tonnen Hilfsgütern, darunter Nahrungsmittel und Erste-Hilfe-Pakete.

"Eine der schlimmsten Katastrophen, die wir je im Pazifik gesehen haben"

"Pam" ist einer der gefährlichsten je gemessenen Zyklone, mit Böen von mehr als 300 Kilometern in der Stunde. Er hatte Vanuatu in der Nacht zu Samstag mit voller Wucht getroffen. "Dies dürfte eine der schlimmsten Katastrophen sein, die wir je im Pazifik gesehen haben", meinte der Vanuatu-Direktor der Hilfsorganisation Oxfam, Colin Collet van Rooyen, in Port Vila. "Vanuatu hat ein Desaster dieses Ausmaßes in seiner jüngeren Geschichte noch nicht erlebt", sagte Sune Gudnitz, Chef des Pazifikbüros der UN-Nothilfekoordination (OCHA).

"Sämtliche Vegetation in und um Port Vila liegt flach, Telefon- und Strommasten liegen auf der Straße", berichtete Christopher Bartlett, Leiter des Büros der deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Port Vila, der Deutschen Presse-Agentur. "Man konnte in den ersten 36 Stunden kaum aus dem Haus, weil Stromkabel abgerissen über den Straßen hingen."

Verwüstung in Vanuatu
:Wirbelsturm "Pam" verschont keine Insel

Nur die stärksten Betonbauten bleiben stehen: Zyklon "Pam" richtet schwere Schäden im Staat Vanuatu an. Einen Überblick über Zerstörungen und Tote gibt es nicht - der Kontakt zu den meisten Inseln ist abgebrochen.

90 Prozent der Häuser in der Stadt mit 44 000 Einwohnern seien beschädigt, bis zu 20 Prozent zerstört, schätzte Bartlett. "Viele Menschen haben heute begonnen, ihre Dächer zu reparieren und nasse Matratzen und Kleidung in der Sonne zu trocken", sagte er. "Die Leute können das Ausmaß kaum fassen."

Präsident Lonsdale bittet um Hilfe

Um Fassung ringend bat Vanuatus Präsident Baldwin Lonsdale um Hilfe: "Unsere Hoffnung auf eine blühende Zukunft ist zerstört", sagte er vor Delegierten einer UN-Konferenz zur Katastrophenvorsorge in Japan. Zuvor hatte die Regierung des Inselstaats den Notstand ausgerufen. "Ich appelliere im Namen meiner Regierung und des Volkes an Sie, uns eine Hand zu reichen, um mit diesem Unglück fertig zu werden."

Die GIZ hilft seit Jahren, die Menschen in Vanuatu besser auf Naturkatastrophen vorzubereiten. Unter anderem zeigt die Organisation, wie Nahrungsmittel konserviert werden können. "Das müsste den Leuten jetzt helfen", sagte Bartlett. Vanuatus Behörde für Katastrophenschutz bestätigte zunächst sechs Todesopfer. Hilfsorganisationen gingen von einer höheren Opferzahl aus. Vanuatus Hauptinsel ist in drei Flugstunden sowohl von Brisbane in Australien als auch von Auckland in Neuseeland zu erreichen.

Auch Nachbarstaaten betroffen

Der Zyklon richtete auch in Nachbarstaaten Vanuatus wie den Salomonen-Inseln und Neukaledonien Schäden an. Am Sonntag zog "Pam" weiter Richtung Süden. Neuseeland bereitete sich auf Sturmfluten an der Nordküste vor.

Auswärtiges Amt warnt vor Reisen nach Vanuatu

Unterdessen rät das Auswärtige Amt Urlaubern von Reisen nach Vanuatu ab, solange das Ausmaß der Schäden und Risiken nicht absehbar ist. In einem Reisehinweis heißt es weiter, Flugpassagiere müssten mit einer mehrtägigen Verzögerung bei der Ausreise rechnen. Ihnen wird geraten, sich mit der Fluglinie in Verbindung zu setzen.

Was ist ein Zyklon?

Im Indischen Ozean und im südlichen Pazifik werden tropische Wirbelstürme Zyklone genannt. Im westlichen Atlantik und im östlichen Pazifik spricht man von Hurrikan, im westlichen Pazifik von Taifun. Sie entstehen über dem Meer, wenn das Oberflächenwasser mindestens 26 Grad warm ist und stark verdunstet. Die durch die Erddrehung entstehende sogenannte Corioliskraft bewirkt, dass die Luft sich um das Zentrum dreht. Über Land verliert der Sturm schnell an Kraft, da der Nachschub feuchtwarmer Luftmassen fehlt.

Tropische Wirbelstürme können einen Durchmesser von einigen hundert Kilometern haben. Typisches Kennzeichen ist das sogenannte Auge, eine windstille Zone von etwa 20 Kilometern Durchmesser im Wirbelzentrum. Die Luftmassen rotieren rasend schnell im Uhrzeigersinn (auf der südlichen Erdhalbkugel) um das Auge des Sturms. Der Sturm selbst bewegt sich hingegen eher gemächlich vorwärts. Sein Weg kann relativ gut vorausberechnet werden. Für Menschen sind nicht nur die Stürme selbst gefährlich, sondern auch die von ihnen ausgelösten Flutwellen.

Wirbelstürme werden je nach Windstärke auf einer Skala von 1 (119 bis 153 Kilometer pro Stunde) bis 5 (schneller als 249 Kilometer pro Stunde) eingeteilt.

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