Wer kennt den Witz über die Bauern, die versuchen, einen Hasen zu jagen, dabei miteinander und ihren Jagdhunden in ein riesiges Handgemenge geraten und am Ende fast alle tot oder schwer verletzt sind, sodass sie von ihren Ehefrauen in Schubkarren abgeholt werden müssen? Niemand? Dabei hat der Witz einen Bart, für den die Bartwickelmaschine im Laufe der Jahrhunderte schon mehrmals ausgetauscht werden musste. Bereits um 1480 herum trug ein fahrender Bänkelsänger diesen Schenkelklopfer irgendwo im Grenzgebiet zwischen den englischen Grafschaften Derbyshire und Nottinghamshire vor.
Der britische Literaturwissenschaftler James Wade hat die Story gerade im sogenannten Heege-Manuskript entdeckt, einer Handschrift aus dem 15. Jahrhundert, die in der schottischen Nationalbibliothek in Edinburgh aufbewahrt wird, und über die Wade jetzt im Fachjournal Review of English Studies berichtet hat. Bänkelsänger zogen damals von Dorf zu Dorf und sangen dort bei Jahrmärkten oder in Tavernen ihre robusten Witzlieder. Vielleicht war es aber auch ein talentierter Amateur, der beim Dorffest seinen großen Auftritt mit der Witzgeschichte von der Hasenjagd hatte. Jedenfalls handelt es sich laut Wade hier um das erste dokumentierte Beispiel für ein "Stand-up-Comedy-Programm".
Ob der Autor des Manuskripts, Richard Heege, aus einem schriftlichen Repertoire abschrieb oder einen Live-Auftritt vor Publikum mitnotierte, ist nicht mehr herauszufinden. 300 Zeilen sind so jedenfalls zusammengekommen. Das Publikum allerdings scheint damals nicht sonderlich anspruchsvoll gewesen zu sein. Oder wie witzig ist es heute, wenn beschrieben wird, dass jemand Angst bekommt, weil "ein Hase auf seinen Bart tritt"? Aber irgendwie ist es ja auch tröstlich: Wer sich bei Auftritten deutscher Comedians fragt, wann denn endlich der witzige Teil kommt, weiß jetzt wenigstens, dass sie in einer jahrhundertelangen Tradition stehen.
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