SZ-Kolumne "Bester Dinge":Acht Herzen für ein Halleluja

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(Foto: Stefan Sauer/picture alliance/dpa)

In einem Fischerdorf auf Rügen sind die Menschen nicht mit der Farbe ihrer Kapelle einverstanden. Nun wurde die Fassade von Unbekannten beschmiert: mit Symbolen der Liebe.

Von Marcel Laskus

Der Einsatz von Graffiti im öffentlichen Raum legt es darauf an, sich auch mal Feinde zu machen. Unvergessen etwa das Geschehen im eher polizeikritischen Stadtteil Leipzig-Connewitz, in dem es einen kleinen Basketballplatz gibt. Über Jahre sprühten Unbekannte hinter dem Korb den Schriftzug "No Cops" an eine Wand. Über Jahre kam die Stadtreinigung angerückt, um den Schriftzug rasch wieder zu entfernen. So ging es hin und her. Und irgendwann hieß es sogar, dass vor dem Basketballplatz Beamte Wache halten würden, die sonst bei Terroranschlägen im Einsatz sind.

Einen völlig anderen, eher buddhistischen Umgang mit Farbe als Mittel der Meinungsäußerung zeigten Unzufriedene nun auf der Insel Rügen. Unbekannte haben dort im Fischerdorf Vitt vor Kurzem die örtliche Kapelle beschmiert. Hinterlassen wurden aber weder Forderungen nach "No Cops" noch nach "No Fish". Vorzufinden war laut der örtlichen Polizei lediglich ein im Kontext der Sachbeschädigung eher unterrepräsentiertes Symbol: das Herz. Acht Mal wurde es an die Wände gepinselt, in weißer Farbe.

Wer nun glaubt, das können nur Verliebte im Überschwung der Gefühle gewesen sein, irrt sich wahrscheinlich. Denn den Tätern geht es wohl um nichts Geringeres als die historisch korrekte Fassadenfarbe der Kapelle - ein echtes Politikum in der Region, wie der NDR berichtete. Die einen sagen, die Anfang des 19. Jahrhunderts erbaute Kapelle müsse weiß sein, so wie sie jahrzehntelang weiß war. Die Kirchengemeinde wiederum bezieht sich auf eine Sanierung, bei der eine andere historische Außenfarbe entdeckt wurde: Terrakotta.

Für die Bewohner von Vitt ist das alles nicht neu. Schon vor zwei Jahren griffen Unbekannte die Fassade an. Damals hinterließen sie gleich 26 weiße Herzen, drei Mal so viele wie zuletzt. Als völlig offen gilt bislang, ob nur acht Herzen, wie nun, als Friedensangebot oder Liebesentzug zu interpretieren sind.

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