Brände in Argentinien:Flammen, die die Natur fressen

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Eine Feuersäule verbrennt Kiefern in der Provinz Corrientes in Argentinien. (Foto: Rodrigo Abd/dpa)

Im Norden Argentiniens bedrohen riesige Brände auch das Naturjuwel Esteros del Iberá. Anwohner und Feuerwehr kämpfen mit den Flammen, Influencer sammeln Millionen an Spenden, doch am Ende bleibt nur eine Hoffnung: Regen.

Von Christoph Gurk , Buenos Aires

Es war schon später Samstagabend, als Santiago Maratea mal wieder einen Spendenaufruf startete. Auf Instagram hat der 29-jährige Argentinier ein paar Millionen Follower und schon länger setzt er diese Bekanntheit vor allem dafür ein, Geld für gute Zwecke zu sammeln. Mal ist es ein absurd teures Medikament für ein krankes Kind, mal Hilfe für eine indigene Gemeinschaft. Diesmal aber ging es um etwas anderes: "Eigentlich wollte ich mich heute betrinken", schrieb Maratea um kurz vor Mitternacht auf Twitter, "aber vielleicht rauch' ich stattdessen einen Joint und fange an, für Löschfahrzeuge zu sammeln wegen der Brände in Corrientes. Macht ihr mit?" Zwei Stunden später waren schon mehr als drei Millionen Peso eingegangen, mittlerweile ist die Summe auf 170 Millionen gestiegen, knapp 1,4 Millionen Euro, eine Menge Geld, erst recht in einem Land, in dem fast die Hälfte der Menschen unter der Armutsgrenze lebt.

Aber viele Argentinier sind schockiert von den Bildern, die Fernsehsender und Nachrichtenseiten aus der nördlichen Provinz Corrientes zeigen: Etwa 800 000 Hektar Wiesen, Weiden, Felder und Wälder sind hier schon riesigen Bränden zum Opfer gefallen, dazu aber auch noch große Teile der Esteros del Iberá, eines riesigen Feuchtgebiets aus Sümpfen, Mooren, Lagunen und Seen, Heimat für Wasserschweine, Otter und auch Jaguare. Wegen ihrer Artenvielfalt stehen die Esteros del Iberá seit 1982 unter Schutz, nun aber fressen sich die Feuer immer tiefer hinein in das Naturjuwel, Kaimane fliehen vor den Flammen, entkräftete Ameisenbären müssen von Helfern versorgt werden.

Die Gründe für die Brände liegen zum einen in einer historischen Dürre, die große Teile des Südens von Südamerika schon seit Jahren heimsucht. Es fällt kaum Regen und die Flüsse führen so wenig Wasser, wie seit Jahrzehnten nicht. Erschwerend kommt hinzu, dass in Corrientes riesige Eukalyptus- und Kiefernplantagen wachsen. Die Bäume würden viel Wasser benötigen und dieses buchstäblich aus den umliegenden Feuchtgebieten saugen, sagte Argentiniens Vize-Umweltminister Sergio Federovisky. Die Vegetation jedenfalls ist strohtrocken, ein Funke genügt, um ein Großfeuer auszulösen.

Der Gouverneur der Provinz Corrientes, Gustavo Valdés, sprach schon vor ein paar Tagen von einer historischen Katastrophe: "Die Situation ist außer Kontrolle", sagte Valdés in einem Fernsehinterview. "Heute sind zwölf Löschflugzeuge im Einsatz, drei Hubschrauber, Feuerwehrleute, Katastrophenschutz, aber all das reicht immer noch nicht."

Forderung nach mehr Geld für die Feuerbekämpfung

Viel zu spät hätten die Behörden gehandelt, kritisieren Umweltschützer, schließlich würden die Feuer schon seit Wochen lodern. Dazu müsse mehr Geld für die Feuerbekämpfung zur Verfügung gestellt werden. Tatsächlich sind die Brände in Corrientes nicht die einzigen, die derzeit in Argentinien wüten. Auch in Misiones und Formosa, ebenfalls im Norden des Landes, gibt es derzeit große Feuer, ebenso wie im Süden, in Patagonien.

Aus Bolivien und Brasilien kommen nun Feuerwehrleute und Löschfahrzeuge. Dazu hat sich der Gouverneur von Corrientes auch schon an die Europäische Union gewandt mit der Bitte um Hilfe: "Um die Feuer zu bekämpfen, sind wir auf die internationale Zusammenarbeit angewiesen", schrieb Valdés auf Twitter.

Viele Argentinier bringen derweil Material an extra eingerichtete Sammelstellen oder sie spenden Geld, an Organisationen oder auch den Influencer Santiago Maratea. Er will mit den Spenden Löschfahrzeuge kaufen für die Feuerwehrleute in der Region. Letztendlich wird aber nur eine Sache wirklich helfen können, die Brände zu löschen: Regen. Er ist für Ende dieser Woche vorhergesagt.

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